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Berlin: Die Beschäftigten demonstrierten gegen die BVG: ohne U-Bahn-Aufträge droht in Pankow das Aus

"Wir fahren doch auch nicht schwarz!" ruft Detlef Muchow, Betriebsratsvorsitzender des Adtranz-Werks in Pankow.

"Wir fahren doch auch nicht schwarz!" ruft Detlef Muchow, Betriebsratsvorsitzender des Adtranz-Werks in Pankow. Er entwertet demonstrativ seine Fahrkarte und schwenkt ein Pappschild mit der Aufschrift "BVG soll Verträge einhalten". Hinter ihm staut sich die Adtranz-Belegschaft, teilweise noch im Blaumann, mit Transparenten, angetreten zur Protestfahrt in eigenen Bahnen. In der Linie acht wird es eng. "Bisher haben wir unsere Füße still gehalten, um die Verhandlungen nicht zu gefährden", erzählt Muchow, eingeklemmt hinter seinem Pappschild.

Für die Pankower Belegschaft wird es buchstäblich eng. Bis Ende August müssen BVG und Adtranz darüber verhandelt haben, wie viele neue U-Bahnzüge in Pankow noch montiert werden, wenn es zu einer Übernahme der dortigen Montagehalle und 200 der 360 Adtranz-Mitarbeiter durch die Schweizer Firma Stadler kommen soll. Wenn die Übernahme nicht gelingt, droht der neuen Montagehalle in Pankow das Aus.

Nach Ansicht Muchows ist die BVG mit noch 20 Zügen in der Pflicht. Für 46 Züge sei die Abnahme vertraglich fest vereinbart, erst 26 seien aber durch die BVG abgerufen worden. "Vor ein paar Wochen haben wir erfahren, dass die Übernahme und damit unsere Arbeitsplätze an diesen zwanzig Zügen hängen". Die BVG wolle jetzt lieber 30 Jahre alte Fahrzeuge reparieren statt die neuen einzusetzen.Eine Feststellung, zu der sich BVG-Sprecherin Barbara Mansfield wie zur Verhandlungslage übrigens nicht äußern will. Über die vertragliche Festlegung der Stückzahl herrsche Uneinigkeit.

Noch verdirbt das den Adtranz-Mitarbeitern nicht die Laune. Die wenigsten sind schon einmal mit "ihren" Zügen auf der Linie fünf gefahren. "Ich freue mich richtig darauf", sagt Muchow. Als der gelbglänzende Schlangenzug in Richtung Hönow einfährt, bricht Applaus los. 150 Mitarbeiter verlieren sich schnell in dem Endloswagon. Ein Arbeiter im Blaumann begutachtet fachmännisch die Deckenverkleidung "Zwei Milimeter sollte die Fuge maximal breit sein", sagt er mit hochgezogenen Augenbrauen. Jetzt seien es schon drei Millimeter. Die Leute wüssten jetzt, worum es geht, sagt Josef Lehrach von der Konstruktion. "Die Züge wurden so flüssig produziert, das ganze Geschick ist vorhanden, und jetzt sollen wir aussetzen", bedauert er.

An der U-Bahn-Station Tiergarten ergießt sich der Pulk auf die Straße und setzt sich lärmend in Bewegung zum BVG-Instandsetzungswerk. Die Kundgebung selbst ist schon nach wenigen Minuten zu Ende - mangels Rednern. Detlef Muchow apelliert an die BVG, die Verträge einzuhalten, und an den Senat, sich für die Züge und Arbeitsplätze einzusetzen. Die Angesprochenen haben die Veranstaltung aber völlig ignoriert. Von den geladenen Parteien ist lediglich die PDS erschienen. Der Bundestagsabgeordnete Manfred Müller fordert die Absetzung des BVG-Aufsichtsrats, wenn der Senat die BVG nicht zur Vertragseinhaltung veranlasse. IG-Metall-Vertreter Burkhardt Bundt droht mit weiteren Protestaktionen: "Schließlich wurde mit dem Bau der neuen Montagehalle auch in Arbeitsplätze investiert". Die Pankower applaudieren.

ak

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