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Berlin: Die Brache verschwindet

Der Bundesnachrichtendienst baut seit gestern an der Chausseestraße. Auch ein Café ist vorgesehen

Der Protest vor dem Baustellentor beschränkt sich auf sechs Grüne mit Papp-Plakaten. „Überflüssig, überteuert und eine städtebauliche Zumutung“ sei das, was da hinter den Zäunen mit einer schlichten Zeremonie gefeiert wurde: der erste Spatenstich für den Neubau der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Grünen hätten es lieber gesehen, wenn die gut zehn Jahre alten Pläne des Berliner Senats umgesetzt worden wären, die an dieser Stelle, entlang der Chausseestraße in Mitte, ein Stadtviertel für autofreies Wohnen vorsahen.

Doch davon ist keine Rede mehr. Stattdessen ist in den Ansprachen vor dem symbolischen Akt viel von der neuen Rolle des Auslandsgeheimdienstes zu hören, der sich zu einem modernen Dienstleister für die Bundesregierung und das Parlament wandele (BND-Präsident Ernst Uhrlau) und sich der veränderten und damit gefährlicheren Weltlage anpasse (Kanzleramtsminister Thomas de Maizière). Beides erfordere diesen Neubau, in direkter Nähe zu Parlament und Bundesregierung. Damit werde, so de Maizière, „der nicht mehr tragbare Zustand beendet, dass der BND so weit wie kein anderer Nachrichtendienst der Welt vom Regierungssitz entfernt ist“.

Der geplante Neubau ist „doppelt so groß wie die Kubatur des historischen Stadtschlosses“, sagte Florian Maubach, Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, nicht ohne Stolz. 30 Meter wird er aus dem Boden ragen, weil er in einer künstlich angelegten Senke liegt. 2800 Räume wird der Komplex haben, und 150 mal 280 Meter messen. Die in einem extra Gebäude untergebrachte Logistikzentrale mit Parkhaus und Kraftwerk wird 60 mal 190 Meter groß sein, das Internat und die Schule, die einen dritten Bau auf dem riesigen Areal bilden, etwa 30 mal 125 Meter messen. Zusammengenommen sollen die Gebäude für 720 Millionen Euro bis zum Jahr 2012 errichtet werden. Innenausstattung und Umzugskosten für die rund 4000 Mitarbeiter fassende Behördenzentrale kommen hinzu. Insgesamt könnte das Unternehmen „BND in Berlin“ bis zu eineinhalb Milliarden Euro kosten.

Eine Summe, die angesichts des Urteils von Karlsruhe die Stadtentwicklungssenatorin euphorisch feierte: „Investitionen des Bundes in Berlin gehören in die Mitte der Stadt“, sagte Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Und: „Berlin ist eine Stadt, in der es sich zu investieren lohnt.“ Das klang ein bisschen mehr als sonst nach einem Werben um Investitionen.

Der BND-Neubau ist das größte Einzel-Neubauprojekt des Bundes überhaupt. Die Entscheidung dafür fiel 2003. Nach der Bundestagswahl wurde der Beschluss auf Druck Bayerns noch einmal abgeändert: Jetzt bleiben insgesamt 1500 Mitarbeiter des BND am Standort Pullach südlich von München. Kanzleramtsminister de Maizière benannte den wichtigsten Grund für den Umzug nach Berlin: „Krisen und Konflikte treten in immer kürzerer Folge auf. Die Lage ist insgesamt unübersichtlicher geworden.“ Eine schnelle Information der Regierung über die Ereignisse in der Welt sei „für die Bundesrepublik überlebensnotwendig“.

Folgerichtig bildet das rund um die Uhr besetzte Lagezentrum des BND auch den Mittelpunkt des riesigen Gebäudekomplexes, den das Büro Kleihues und Kleihues entworfen hat. Abschotten will sich der Geheimdienst nach eigenen Angaben aber nicht. Der drei Meter hohe Zaun rundherum soll Durchblicke erlauben, ein kleiner Park wird hinter dem Hauptgebäude entstehen und vorne, an der Chausseestraße, ist ein BND-Souvenirladen mit Café geplant.

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