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Berlin: Die BVG leistete Geburtshilfe für Vivantes

Der verschuldete Verkehrsbetrieb musste auf Betreiben des Senats einen Kredit für die Gründung der Krankenhausgesellschaft aufnehmen

Die BVG ist nicht allein Schuld am hohen Minus auf dem Konto: Der Verkehrsbetrieb hat auch auf Betreiben des Senats Kredite aufnehmen müssen. 75 Millionen Euro der gegenwärtigen Verbindlichkeiten beruhen auf einem Kredit, den die BVG Anfang der 90er Jahre auf Druck des damaligen Senats beschaffte. Auf diese Weise besorgte sich der Senat damals Geld, das zur Gründung der landeseigenen Krankenhausgesellschaft Vivantes benötigt wurde. Die BVG musste als Kreditnehmer auftreten, weil sie als Anstalt des öffentlichen Rechts das Geld der Banken zu günstigeren Konditionen erhielt als Vivantes in der Rechtsform einer GmbH.

Immerhin übernimmt der Senat die Finanzierungskosten des Kredits. Der Krankenhauskredit treibt aber die ausgewiesene Verschuldung der BVG weiter in die Höhe. Das Unternehmen steht, wie berichtet, bei den Banken mit rund einer Milliarde Euro in der Kreide. Wenn der Sanierungskurs fehlschlägt, verdoppelt sich die Verschuldung bis 2007 auf fast 1,8 Milliarden Euro.

Zusätzliche Zinsen in Höhe von 3,6 Millionen Euro muss die BVG nach Tagesspiegel-Informationen außerdem aufbringen, weil der Senat 46 Millionen Euro zurückhält, die dem Verkehrsbetrieb nach dem zwischen ihm und dem Senat abgeschlossenen Unternehmensvertrag von 1999 zustehen. Die Raten sollen erst 2006 überwiesen werden. Damit wollte der Senat die BVG zum weiteren Sparen zwingen, was jedoch nicht gelungen ist.

„Die Rahmenbedingungen, unter denen der Unternehmensvertrag einst abgeschlossen worden war, stimmen schon lange nicht mehr“, klagt auch Uwe Nitzgen, der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der BVG. Unter anderem habe die Ökosteuer, die 1999 nicht absehbar war, zu Mehrkosten in Höhe von bisher 7 Millionen Euro geführt; bis zum Auslaufen des Vertrages Ende 2007 wären dann 47 Millionen Euro erreicht. Höhere Preise für Dieseltreibstoff und für den Strom hätten Mehrkosten von bisher 16 Millionen Euro verursacht; bis 2007 könnten so 94 Millionen Euro zustande kommen.

Die ebenfalls auf Druck des Senats mehrfach verschobene Tariferhöhung habe zu Mindereinnahmen in Höhe von 13 Millionen Euro geführt. Auch auf den Kosten für das Sozialticket sei die BVG sitzen geblieben, nachdem der Senat den Zuschuss von 36 Millionen Euro auf 18 Millionen Euro reduziert habe. Am Jahresende soll der Zuschuss ganz gestrichen werden, aber der Senat erwartet, dass die BVG weiter die rabattierten Karten anbietet. Mindereinnahmen drohen der BVG außerdem, weil der Senat für Schülertickets weniger zahlen will. Weil man in der Verwaltung bemerkt hat, dass sonnabends kein Unterricht stattfindet, will sie bei der fiktiven Berechnung der Tage, für die es einen finanziellen Ausgleich gibt, die Gültigkeit von 26 auf 22 Tage im Monat verringern.

In all diesen Fällen sei die BVG ohne eigenes Verschulden in die Schuldenfalle geraten, so Nitzgen. Dies müsse im weiteren Sanierungskonzept berücksichtigt werden. Die Misere ausschließlich auf die Personalkosten zurückzuführen, sei ungerecht.

Doch die BVG hat auch selbst zum Schuldenberg beigetragen, wie Nitzgen zugibt. So sei durch die Freigabe des Mitteleinstiegs bei den Bussen die Zahl der Schwarzfahrer gestiegen, was hier zu Mindereinnahmen von 10 Millionen Euro geführt habe.

Nicht enthalten in Nitzgens Rechnung ist auch die Verkaufspolitik der BVG. Durch das Schließen der meisten Schalter haben viele Fahrgäste Monats-und Jahreskarten bei der S-Bahn gekauft, die ihren Schalter-Service ausgebaut hat. Da jeder Betrieb das Geld behalten darf, das er an seinen Schaltern einnimmt, hat die BVG hier ebenfalls einen Riesenverlust gemacht. Bis heute haben sich die BVG und die S-Bahn nicht geeinigt, wie die Einnahmen „gerecht“ untereinander aufgeteilt werden sollen.

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