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Berlin: Die Entdeckung der Langsamkeit

Die Polizei will Raser nun auch mit stationären Blitzern stoppen – zuvor hatte man jahrelang nur auf mobile Geräte gesetzt

Fest installierte Radarfallen haben eigentlich nur Nachteile, heißt es bei der Verkehrspolizei – und dennoch werden sie jetzt auch in Berlin installiert. Nachdem in anderen Bundesländern seit vielen Jahren in fast jedem Dorf ein derartiger Geschwindigkeitsblitzer auf Raser wartet, wurde im Dezember die erste Anlage in Berlin aufgestellt: in der Steglitzer Schildhornstraße. Eine zweite soll in den kommenden Wochen an der Reinickendorfer Scharnweberstraße hinzukommen.

Dass man zuvor keine dieser Anlagen installiert habe, liege daran, dass man sich nicht dem Vorwurf der Autofahrer-Abzocke aussetzen lassen wollte, sagt Wolfgang Klang, Chef der Verkehrspolizei. Weitere Nachteile seien zudem, dass die Standorte von fest installierten Blitzern in Navigationsgeräten verzeichnet sind. Bislang wurde in Berlin nur mobil das Tempo kontrolliert, mit Radarwagen oder mit Lasermesspistolen. Diese Geräte habe man nach drei Kriterien eingesetzt: an Unfallschwerpunkten, an Deliktschwerpunkten („Rennstrecken“) und wenn es Beschwerden von Bürgern gab. „Unsere Radarwagen stehen nicht dort, wo das meiste Geld zu holen ist“, sagt Klang, sondern dort, wo es aus polizeilicher Sicht Sinn macht.

Doch der erste stationäre Blitzer in Steglitz macht offensichtlich auch Sinn. Im Januar löste die Kamera 7490 Mal aus – die Polizei war verblüfft über die hohe Anzahl. Angesichts der Missachtung des Tempolimits sei eine Dauerüberwachung an diesem Ort sehr nützlich. „Wir wollen durch stärkere Überwachung das Rechtsbewusstsein zurückgewinnen“, sagte Klang. Offensichtlich habe sich der erste Standort nach zwei Monaten noch nicht herumgesprochen. Die Anschaffungskosten von 40 000 Euro an der Schildhornstraße haben sich längst amortisiert, auch wenn die Bußgeldeinnahmen direkt in den Landeshaushalt fließen. „Sinnvoll“ wäre es, sagt Klang, wenn die Polizei zumindest einen Teil der Einnahmen bekäme, um Reparaturen zu bezahlen. Alleine die Blitzlampen kosten etwa 1000 Euro pro Jahr.

Der Strategiewechsel der Polizei gründet in einem überraschenden Geldsegen von der Verkehrsverwaltung. Zwei Millionen stellte das Land für Messtechnik zur Verfügung, mit dem Ziel, damit die Unfallzahlen zu senken. Im vergangenen Jahr starben 20 Menschen bei Raserunfällen, 305 wurden schwer und 1263 leicht verletzt. Angesichts dieser Bilanz seien stationäre Blitzgeräte ein geeignetes Mittel, verkündete Polizeipräsident Dieter Glietsch. Der zweite stationäre Blitzer soll sogar ein Digitalgerät sein, das sei bundesweit einmalig. Sollte auch das wie gewünscht funktionieren, könne man sich „vier bis fünf weitere“ Standorte in Berlin vorstellen.

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