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Berlin: Die Geisterbaustelle

Warum auf der Heerstraße kilometerlang Spuren gesperrt sind – aber von Arbeiten nichts zu sehen ist

Die Autofahrer, die sich seit Tagen morgens und abends durch den Stau auf der Heerstraße quälen, reagieren zunehmend verärgert. Weil die mittlere Spur wegen der Modernisierung der Fahrstreifensignalisierung gesperrt ist, geht nur noch wenig im Berufsverkehr zwischen Theodor-Heuss-Platz und Pichelsdorfer Straße. Busse seien etwa 15 bis 20 Minuten länger als normal unterwegs, beklagt die BVG. Bis Ende August soll das Chaos dauern. Doch von Bauarbeiten ist nichts zu sehen. Bei der für die Bundesstraße zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weist man den Verdacht der Untätigkeit zurück. Die Tücke liege nicht an mangelnder Koordination, sondern im Objekt. Dennoch wird jetzt aufs Tempo gedrängt.

Rund 47 000 Autofahrer nutzen täglich Berlins wichtigste Ausfallstraße nach Westen, darunter viele Berufspendler aus dem Umland. Bisher sorgten die Signalportale über der fünfspurigen Fahrbahn für einen zügigen Verkehrsfluss. Sie gaben das Tempo für die „grüne Welle" vor und schalteten den mittleren Fahrstreifen morgens in Richtung Innenstadt und abends in Richtung Staaken frei. Doch nach 32 Jahren sind die Steuergeräte veraltet und störanfällig, deshalb wird die Anlage jetzt modernisiert.

Vorrangig geht es um den Einbau neuer Schaltanlagen und die entsprechende Programmierung der Computer, sagt die Sprecherin der Senatsverwaltung, Petra Reetz. Die eigentlichen Montagearbeiten an den Portalen finden in verkehrsschwachen Zeiten statt. Doch weil die alte Anlage mit Beginn des Umbaus abgeschaltet werden musste, ist der mittlere Fahrstreifen jetzt permanent gesperrt. Für Jürgen Karge vom Verkehrsdienst der Polizeidirektion 2 eine ungünstige, aber sichere Lösung. Eine wechselnde Freigabe der Spuren durch Verkehrszeichen ist wegen der Länge der Strecke nicht realisierbar, sagt Petra Reetz. Der Umbau sei extra so terminiert worden, dass die meiste Zeit in den verkehrsarmen Sommerferien liegt.

Rund zwei Monate sollen die eigentlichen Arbeiten dauern. Danach ist ein einmonatiger Probelauf vorgeschrieben, bei der die Funktion der Anlage für die Autofahrer nicht sichtbar getestet wird. Jetzt wird versucht, den Ablauf zu beschleunigen. Ab heute ist ein zweites Montageteam im Einsatz. Und es wird geprüft, ob die Portale nicht doch etappenweise freigeschaltet werden können.

Berlins stellvertretender Baustellenkoordinator Hans-Jörg Jaehne hat Verständnis für den Zorn der Autofahrer. Doch gerade bei so langen Abschnitten sei der Fortschritt der Arbeiten schwer zu erkennen. Besteht der Verdacht, dass eine Baustelle unerlaubt ruht, wird die Polizei um eine Kontrolle gebeten. Insgesamt ist die Einhaltung der Bauzeiten in Berlin „sehr viel besser geworden", hat der Experte festgestellt. Wenn es doch klemmt, wie jüngst in der Ebertstraße in Mitte, liege das häufig auch an der Pleite beteiligter Firmen.

Rainer W. During

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