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Berlin: Die grüne Spielführerin bei ihrer Mannschaft

Renate Künast spricht vor der Basis in Mitte. Die Spitzenkandidatin setzt auf Sieg und will dafür kämpfen.

Von Sabine Beikler

Ein grüner, aufrecht stehender Miniatur-Bär streckt seine Pranken nach oben. Er steht auf dem Rednertisch neben dem Platz von Renate Künast. Für die grüne Spitzenkandidatin ist es der erste Auftritt vor der Basis seit ihrer Antrittsrede Anfang November, seit ihren Aussagen über die Einführung von Tempo-30-Zonen, die Existenz von Gymnasien oder den Großflughafen, die bei Parteifreunden Verwirrung und Ärger auslösten. Die Wowereit-Herausforderin ist nicht nervös, als sie im alten BVV-Saal des Rathauses Tiergarten vor 100 grünen Mitgliedern in Mitte spricht. Der Besuch an der Basis sei, wie sie sagt, „Teil einer Rundreise durch die Bezirke“. „Wir können die Wahl gewinnen“, versichert Künast. Und man solle sich nicht irritieren lassen, „wenn wir mal hinter der SPD liegen“.

Nach zehn Jahren Rot-Rot habe die Stadt Veränderung und Aufbruch verdient, sagt Künast. Der Senat habe sich als Methode das Verschieben, das Verschlafen und das Verschwenden auserkoren. Statt die Haushaltssanierung voranzutreiben, rette sich Rot-Rot in einen Doppelhaushalt. „Mehr Mut“ habe sie sich beim Schuldenabbau gewünscht. Aber die Antwort, wie das konkret aussehen könnte, bleibt Künast an diesem Abend schuldig. Sie wolle jetzt noch nicht das Wahlprogramm vorstellen, entgegnet sie auf Fragen von Mitgliedern. Das wird Anfang März verabschiedet.

Künast kommt auf das Klimaschutzgesetz zu sprechen, das Rot-Rot nach vier gescheiterten Entwürfen verschoben hat. „Das geht auf Kosten der nachfolgenden Generation“, sagt sie. Sie setzt auf einen aktiven Klimaschutz, auf Gebäudesanierung und ein Klimastadtwerk. Berlin habe die Möglichkeit, Klimahauptstadt zu werden. Sie erwähnt den „Green New Deal“, die grüne Leitlinie, die auf Ökologisierung der Wirtschaft, auf Synergien zwischen Unternehmen und Wissenschaft setzt, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. 100 000 Arbeitsplätze wollen die Grünen in den nächsten fünf Jahren schaffen. Von 150 000 sprach gestern Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Ein Vorgeschmack auf den Wahlkampf und auf viele Ankündigungen.

Künast kommt auf die Problematik der Flugrouten zu sprechen, die der Senat „verschlafen“ habe. Nur durch Bürgerengagement zeige sich jetzt Bewegung. „Verschwendet“ habe der Senat die Planungsgelder für den A-100-Ausbau statt Gelder einzusparen. Sie spricht von der neuen politischen Kultur, die sie etablieren wolle: Transparenz und frühzeitige Einbeziehung von Bürgern bei Großprojekten.

Bildung, Arbeit und Klima sind die grünen Kernbereiche im Wahlkampf. „Wir wollen nicht mehr Mitspieler sein, sondern Spielführer werden“, sagt Künast. Kämpfen wolle sie, „wir setzen auf Sieg.“ Die Basis hört das gerne. Denn auch in Mitte hat die Partei mit 630 Mitgliedern einen Zulauf von 25 Prozent in einem Jahr erlebt. Landesweit liegen die Grünen zurzeit knapp unter 5000 Mitgliedern. Künast kann sich der Unterstützung ihrer Basis sicher sein. Noch. Denn die Grünen reagieren sehr empfindlich, auch auf Aussagen ihrer Spitzenkandidatin. Und dann helfen auch grüne Bärchen nichts mehr. Sabine Beikler

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