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Berlin: Die Grünen wollen schnell ans Eingemachte

Fraktionschef: Berlin braucht stabile Regierung Kritik am Zaudern der Linkspartei

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann drängt auf eine schnelle Regierungsbildung in Berlin. „Eine wochenlange Hängepartie können wir der Stadt nicht zumuten“, sagte er gestern dem Tagesspiegel. „Es gibt einen klaren Wählerauftrag für Rot-Grün, und die Stadt braucht ein stabiles und handlungsfähiges Regierungsbündnis.“ Die Grünen seien in der Lage, ohne Zeitverzug in Koalitionsverhandlungen einzutreten.

Ratzmann spielte damit auf die Ankündigung des PDS-Landesvorsitzenden Klaus Lederer an, einen außerordentlichen Landesparteitag einzuberufen, der entscheiden soll, ob ein mögliches Angebot der SPD für Koalitionsgespräche akzeptiert werden kann. Das würde die Senatsbildung erheblich verzögern. In diesem Fall wird der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vielleicht erst am 23. November oder 14. Dezember 2006 vom Abgeordnetenhaus wiedergewählt. Die Senatsmitglieder kann er anschließend mit der neu erworbenen Richtlinienkompetenz selbst ernennen. Bisher wurde in Berlin der gesamte Senat vom Landesparlament gewählt.

Am heutigen Montag werden die Sondierungsgespräche zwischen SPD und Grünen fortgesetzt. Über die Bildungs- und Integrationspolitik und die ökologische Stadterneuerung wurde bereits miteinander gesprochen. Ein weiteres wichtiges Thema, so der Grünen-Unterhändler Ratzmann, sei die schwierige soziale Lage in Berlin. Die Bekämpfung der Armut sei ein dringliches Anliegen. „Wir gehen mit einem sehr guten Gefühl in die zweite Sondierungsrunde.“ Dagegen sende die Linkspartei/PDS zurzeit keine positiven Signale aus, kritisierte Ratzmann. „Die müssen sich erst sortieren und befassen sich hauptsächlich mit internen Problemen, jetzt ist es aber wichtig, die Probleme Berlins zu lösen.“ Der Spitzenmann der Grünen warnte davor, „die Gespräche zur Regierungsbildung verläppern zu lassen“.

Die Forderungen nach Senatsposten wurden von den Grünen erst einmal in die Schublade gesteckt. „Wir werden am Ende von Verhandlungen ein vernünftiges Personaltableau hinbekommen“, äußerte sich Ratzmann optimistisch. „Unter Einschluss der Fraktionsspitze.“ Geführt wird die Grünen-Fraktion derzeit von Sibyll Klotz und Ratzmann.

Angesichts des bevorstehenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzklage Berlins stellen weder SPD noch Grüne und PDS die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung infrage. Die Auswahl des künftigen Koalitionspartners, verlautet aus SPD-Kreisen, werde vom Karlsruher Urteil nicht beeinflusst. Spätestens im Dezember wird der Finanzsenator Thilo Sarrazin eine neue Finanzplanung bis 2010 vorlegen. Auch bei einem eindeutigen Urteil zugunsten Berlins rechnet Sarrazin nicht mit Zahlungen des Bundes vor 2008. Mit dem Regierenden Bürgermeister Wowereit führt der Finanzsenator bereits vertrauliche Gespräche, um die finanziellen Spielräume für die Landespolitik in der neuen Wahlperiode auszuloten. Jede denkbare Finanzhilfe des Bundes für Berlin, so Sarrazin, werde an „strenge Auflagen“ geknüpft werden. Außerdem müsse Berlin den schrittweisen Abbau der Mittel aus dem Solidarpakt II verkraften. Das sind fast zwei Milliarden Euro bis 2019.

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