zum Hauptinhalt

Berlin: Die gute Flut

Trockene und weniger ertragreiche Ackerflächen werden nach und nach zu Mooren umgewandelt. So soll sich der Boden erholen – und weniger Kohlendioxid freisetzen.

Oranienburg – Sandsäcke stehen in Brandenburg nicht nur für den Kampf gegen das unberechenbare Hochwasser. Auf einer fast 20 Fußballfelder großen Fläche im nördlichen Berliner Umland sollen sie das Gegenteil bewirken. Am Rande des kleinen Dorfes Freienhagen bei Oranienburg türmen sich seit einigen Tagen mehrere mit jeweils einer Tonne Sand gefüllte Exemplare in einem vor Jahren angelegten Entwässerungsgraben. Unter wissenschaftlicher Aufsicht staut sich an dieser künstlichen Barriere das Wasser und überschwemmt die Rehwiese. Schon in wenigen Monaten dürfte kein Mensch mehr einen Fuß auf das Gelände setzen können, ohne einzusinken.

„Wir hoffen sehr, dass sich das hier einst vorhandene Moor wieder vollständig erholt“, sagt die Professorin Vera Luthardt von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. „Damit soll nicht nur die Freisetzung des klimaschädlichen Kohlendioxidgases aus den Torfschichten gestoppt werden, sondern auch die Regeneration dieses wertvollen Speichers gelingen.“

Allerdings brauchen die Beteiligten dieses Pilotprojekts für Brandenburg viel Geduld. Denn das Experiment läuft bis zum Jahre 2060. Da die ersten positiven Teilergebnisse aber schon viel früher erwartet werden, dürfte sich das Wasser in nächster Zeit auf weiteren Flächen im Land ausbreiten. „Die meisten Moore wurden in den 1950er und 1960er Jahren entwässert, um Flächen für Weiden, Grünland oder den Getreideanbau zu gewinnen“, erklärt Professorin Luthardt. „Aber die auf ihnen erzielten Erträge hielten sich immer in Grenzen.“ Am Ende rechnete sich der große Aufwand nicht. Schon zu DDR-Zeiten hätten das Forschungen zur Kosten-Nutzen-Analyse bestätigt. Unter dem Klimawandel aber verursachten die Kohlendioxid-Emissionen aus dem langsam austrocknendem Torf einen viel größeren Schaden, als durch die geringen Erträge aus der Landwirtschaft wettgemacht werden könne.

Die schon unter dem Preußenkönig Friedrich II. begonnene Trockenlegung der Mark Brandenburg hat nahezu alle Moore beseitigt. Nur noch auf 180 000 Hektar – also auf einem Prozent der Landesfläche – finden sich heute noch Torfschichten im Boden. Dabei liegen die Vorteile dieses Bodenschatzes auf der Hand. Würde beispielsweise die 13 Hektar große Rehwiese bei Oranienburg weiter austrocknen, würden jährlich 148 Tonnen Kohlendioxid in die Umwelt abgegeben werden. Nach der Vernässung wären es nur 41 Tonnen. Verschiedene Messstellen sollen sicherstellen, dass der steigende Grundwasserstand nicht zu Schäden an Häusern in der Umgebung führt.

Dem Projekt bei Freienhagen sollen weitere Vorhaben folgen. Geld könnte durch das Programm „Moorefutures“ zusammenkommen. Nach dem Vorbild der gleichnamigen Aktion in Mecklenburg-Vorpommern bietet die Flächenagentur Brandenburg entsprechende Zertifikate für Unternehmen und Privatpersonen zu unterschiedlichen Beträgen an. „Die Firmen können sich damit als umweltfreundlich präsentieren“, sagt Anne Schöps, Geschäftsführerin der Flächenagentur, „und die Privatkäufer können sich ein gutes Gewissen sichern.“

Weitere Informationen über das Projekt unter www.flaechenagentur.de

Zur Startseite