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Berlin: Die Hölle ist bunt

Orientierung auf dem Läuterungsberg: Die Elektronik-Band Tangerine Dream vertont Dante und macht in Malerei

Der Weg ins Paradies führt durch die Hölle. Zumindest bei Dante Alighieri ist das so. „Die Göttliche Komödie“, das dreiteilige Epos des italienischen Dichters, wird derzeit von der Berliner Elektronik-Band Tangerine Dream vertont. Die Hölle haben sie hinter sich, das Paradies liegt noch vor ihnen. Momentan stehen sie auf dem Läuterungsberg und orientieren sich. Und wie bei Dantes Konzept vom suchenden Dichter erweitern auch zwei Musiker der Band den menschlich-künstlerischen Horizont. Und zwar in Richtung Malerei.

Tangerine-Dream-Gründer Edgar Froese gibt erstmals einen Einblick in seine Arbeit als bildender Künstler. Und zwar in der Art Now Gallery in Schöneberg, die im vergangenen Herbst von Sängerin Bianca Acquaye eröffnet wurde. „Ich selbst male schon seit zehn Jahren“, sagt Acquaye: „Ursprünglich bin ich Autodidaktin, habe aber viele Studienaufenthalte in Südamerika verbracht.“ Denn die Berlinerin mit dem ghanaischen Vater hat seit jeher „Sehnsucht in ferne Länder“. Draußen im Grünen in Kleinmachnow liegt ihr Atelier. In Schöneberg hat sie ihre Galerie. Aber ansonsten geht es wenig sesshaft zu. Allein schon wegen der Konzertauftritte von Tangerine Dream ist Bianca Acquaye das Reisen selbstverständlich. Anfang März feierte die neue CD – „Purgatorio“, der zweite Teil der göttlichen Komödie – in London Weltpremiere. Die Royal Festival Hall war ausverkauft. Mit dem Begleitheftchen zum Tonträger gehen auch Acquayes Bilder um die Welt. Denn quasi als Auftragswerk hat sie Dante für die CD illustriert. „Bei der Hölle waren es diese sehr bunten Darstellungen verschiedener Szenen“, sagt sie: „Diesmal aber sind die Bilder abstrakt.“ Überall also eine kleine Neuorientierung.

Pinsel und Acrylfarben nimmt Edgar Froese hingegen nicht in die Hand. Der Mann mit der blonden Mähne, der 1967 Tangerine Dream gegründet hat, hält es da eher mit dem Computer. Seine symbolistischen Collagen sind am Rechner entstanden. „Das ist ja das Gute heutzutage, dass du immer und überall kreativ arbeiten kannst.“ Froese pendelt zwischen Berlin, Wien und den USA. Als Vielreisender hat auch er sich mit den digitalen Medien neu orientiert. Stolz erzählt er von seinem Laptop mit drei Akkus: „Die halten jeweils vier Stunden. Dazu habe ich ein Stummelkeyboard mit zweieinhalb Oktaven.“ Im Flugzeug oder in der Bahn komponiert er dann. „Bei einem solchen Riesenstoff wie Dantes Komödie muss man Ideen immer gleich festhalten.“ Dann schwärmt Froese vom kreativsten Ort in Los Angeles, dem Sunset Marquis Hotel. „Ich habe drüben 16 Jahre lang Filmmusik gemacht.“ Alle, die Ideen brauchten, seien damals immer ins Sunset gegangen. „Das ist hier in Berlin ein bisschen anders.“ Hier findet er nicht so leicht den kreativ-geselligen Ruheort – nach dem Vorbild der Wiener Kaffeehäuser. Dafür habe Berlin die schrilleren Typen. Einer von ihnen ist Froese selbst. Wer also irgendwo einen langhaarigen Blonden mit Laptop sitzen sieht… Ansprechen und fragen, wann das Paradies kommt.

23. März bis 30. April in der Art Now Gallery, Schwäbische Str. 7, Schöneberg. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 14 bis 19 Uhr; sonnabends 12 bis 17 Uhr.

Sven Schade

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