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Berlin: Die Hølzchen der Wikinger

In Schweden ist „Kubb“, eine Art Boccia mit Ästen, längst Breitensport, jetzt wollen ein paar faszinierte Skandinavien-Reisende das Spiel auch in Berlin etablieren

Die Bewegung ist klein, man sieht sie nicht so häufig, und wenn man ihnen doch begegnet in Berlin auf einer Rasenfläche, Hölzer nach Hölzern werfend, dann begreift man auch nach längerem Zuschauen kaum, was hier eigentlich gespielt wird: Es ist Kubb (sprich köb), Kubb ist schwedisch und heißt „Holzklotz".

Wenn man will, kann man Magnus Sinn als den Verantwortlichen für diesen Berliner Kulturaustausch mit den Schweden betrachten. Magnus war mit Freunden zum Festival ins dänische Roskilde gefahren. Mit einem Häuflein Schweden hatten sie dort die Tage mit Kubb-Spielen verbracht, und als das Festival vorbei war und alle wieder nach Hause fahren mussten, da haben die Schweden ihm das Spiel geschenkt: Zehn Holzklötze (Kubbs), gerade so hoch wie Bierdosen, sechs Wurfhölzer und einen König, ebenfalls Holz.

Man kann schon sagen, dass dann in Berlin so ein kleines Fieber ausbrach: Immer öfter rissen Magnus und seine Freunde das Spielfeld auf, 5 mal 8 Meter, aber so genau muss man es mit den Maßen nicht nehmen. Immer öfter stellten er und seine Freunde sich an den Grundlinien des Feldes in Teams gegenüber, nahmen die Wurfhölzer in die Hand und zielten auf die Klötze der Freunde, die nun Gegner waren. „Das Holz“, sagen sie, „ist unberechenbar.“ Werfen muss man von unten nach oben, das Holz kann dann springen und trotzdem treffen. Sind alle Klötze getroffen, gilt der finale Wurf dem König. Und weil immer mehr Leute mitmachen wollten, und weil die Regeln doch noch ein bisschen komplizierter sind, als hier beschrieben, bastelte Magnus noch eine Webseite dazu.

In Schweden feiert dieses Spiel, das aus der Zeit der Wikinger von der Insel Gotland kommt, eigentlich aber bis nach Ägypten zurückzuverfolgen sein soll, Renaissance. Und weil die Schweden an kaum einem Ort darauf verzichten wollen, wird es dort inzwischen an Tankstellen verkauft. In Berlin soll es immerhin noch einen Skandinavistik-Professor geben, der öfter spielt.

Als die Mannschaft um Magnus nach einem Jahr wieder nach Roskilde fuhr, wieder zum Festival, da hatten die Schweden schon nichts mehr zu lachen. Denn inzwischen gibt es in der trainierten Berliner Kubb-Gemeinde das geschenkte Spiel, ein selbst gebautes und eines aus einem schwedischen Supermarkt. Genug, um mit 10 Teams mit je drei Mann die erste Berliner Meisterschaft zu bestreiten. Die fand am Wochenende im Tiergarten statt, hinter dem Bundespräsidialamt, mit organisiert von Natascha Jahnke. Einige hatten sich Team-Trikots gegeben und nannten sich „Die Honks“, „Kubbzilla“, „Maijunas Rache“, „Team Hopsida“ oder „Die Drei Kümmerlinge". Am Spielfeldrand stand ein großes Picknick. Die Kümmerlinge genossen den Ruf der Unbesiegbaren. Man ahnte, woher der kam, und richtig, sie leerten drei kleine Fläschchen auf ihr Glück. Zielwasser. Und dann ging es um den Pokal. Der ist riesig, federleicht und silbern, hat einen Elchkopf und ist sorgfältig selbst gebastelt. Das Beste, hatte Natascha gesagt, ist, dass das Spiel nicht die ganze Aufmerksamkeit bündelt. Und das ist gut, denn ein Spiel kann „zwischen fünf Minuten und zwei Stunden“ dauern.“

Und die Spaziergänger im Tiergarten blieben wieder stehen, sie stemmten die Hände in die Hüften, lehnten sich zurück, kniffen die Augen zusammen und begriffen doch nichts. Deike Diening

Mehr im Internet unter

www.kubbsport.de

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