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Berlin: Die im Dunkeln sieht man doch

AUFTRITT DER WOCHE Mummenschanz, die Figurentheatertruppe aus der Schweiz, wird 40 und gastiert im Admiralspalast.

Sie kommen ohne Worte aus. Selbst in den geschwätzigsten Zeiten. Und gerade deswegen sind sie überall zu verstehen. Mummenschanz sind die maskierten Pantomimen unter den Theatermachern und eine in aller Welt bekannte Schweizer Institution, seit 40 Jahren schon. Am heutigen Montag gastieren sie auf ihrer Jubiläumstournee im Admiralspalast, seit 20 Jahren ihr erstes Gastspiel in Berlin. Zum vierköpfigen Ensemble des Best-of-Programms gehören, wie üblich, auch die Gründer Floriana Frassetto und Bernie Schürch. Letzterer steht zum letzten Mal mit Mummenschanz auf der Bühne.

„Mein Deutsch ist Makkaroni“, sagt Floriana Frassetto entschuldigend, obwohl sie das gar nicht nötig hat. Als italienischstämmige Nordamerikanerin, die seit Jahrzehnten in der Schweiz lebt und in der ganzen Welt Theater spielt, hat sie alle Sprachen irgendwie und vier bis fünf sogar fließend drauf. Wie sie da bei einem Vorabbesuch scherzend und gestikulierend neben ihrem ebenso munteren Kollegen Bernie Schürch auf der Bühne im Admiralspalast steht – sie 60, er 67 Jahre alt – hat man den Verdacht, dass Figuren- und Bewegungstheater weit mehr als nur die körperliche Spannkraft enthalten. Auf jeden Fall die Neugier auf Menschen und den Glauben an die Macht der Bilder.

Seit 1972, als sich die Truppe – damals noch als Trio – in Paris gegründet hat, in schwarzen Strampelanzügen auf einer schwarzen Bühne zu spielen, das Gesicht verborgen hinter Schaumstoffwülsten, Stoff, Knete, Klopapierrollen und Draht oder Kunststoff, nie als Person, als Schauspieler zu erkennen – das soll erfüllend sein? Bernie Schürch nickt. „Gesicht und Ego sind Nebensache“, sagt er, „man kann auch mit dem Körper schreien, zweifeln. Was wir suchen, ist der universelle Moment.“ Der Grundsatz galt immer, egal, ob kürzlich bei ihren Gastspielen im Iran und in Südafrika, oder in einer leeren Plattenbauwohnung in Ost-Berlin, wo die Truppe 1972 noch vor ihrem ersten West-Berliner Auftritt in der Komödie am Ku’damm spielte. Später folgten die Volksbühne und das Theater des Westens.

Berlin sei die erste Stadt, in der sie gespielt habe, erzählt Floriana Frassetto. Seither hält sie Deutsche immerhin auch für spontan und nicht nur skeptisch. Sie denkt trotz eines halben Lebens bei Mummenschanz im Gegensatz zu Schürch noch nicht ans Aufhören. Dafür liebe sie den intimen Kontakt mit dem Publikum zu sehr. „Wir sind hinter den Masken auch nicht versteckt, sondern in Wahrheit total nackt.“

„Musiker der Stille“ ist ein aus einem Dokumentarfilm über Mummenschanz entlehnter Beiname, den Frassetto und Schürch ganz gern haben. Komisch, schließlich kommen ihre witzigen Spielszenen nicht nur ohne Worte, sondern auch ohne Musik, ohne Klänge aus. Trotzdem sind die leere Bühne und der volle Saal der Resonanzraum, mit dem sie arbeiten. „Die Stille hat eine Tonleiter“, sagt Bernie Schürch, „jeden Abend tönt sie anders, mal gespannt, mal entspannt.“ Damals, in der Ost-Berliner Platte, wo sie auf Einladung eines Puppentheatermachers vor Profis aus der Theaterbranche spielten, sei die Stille besonders angespannt und intensiv gewesen, das weiß er noch ganz genau. Das erlösende Gelächter aber auch. Nur ein einziges Mal hat Mummenschanz als Gag einen Soundtrack zur Show herausgegeben. Was darauf zu hören ist? Nichts, außer Lachen und Applaus.

Admiralspalast, Mo 12.12., 20 Uhr, ab 31 Euro

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