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Die Regierungserklärung habe keine klare inhaltliche Linie, kritisieren die Grünen.

© dapd

Regierungserklärung: Die Koalition fremdelt noch

Nach Klaus Wowereits Regierungserklärung zeigte sich, wie schwer sich SPD und CDU in der ungewohnten Konstellation tun.

Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, es muss noch wachsen. Die neuen Koalitionspartner SPD und CDU taten sich am Donnerstagnachmittag schwer damit, im Abgeordnetenhaus politisch an einem Strang zu ziehen. Das wurde bei der Parlamentssitzung deutlich, deren wichtigster Tagespunkt die Regierungserklärung des Senatschefs Klaus Wowereit (SPD) war. Zwar wurden die Richtlinien der neuen Regierungspolitik am Ende der Debatte von SPD und CDU ohne Gegenstimme oder Enthaltung angenommen. Dennoch zeigte sich in den Reden der Fraktionsvertreter zwischen Wowereits einstündiger Regierungserklärung und der Abstimmung deutlich, wie sehr SPD und CDU noch miteinander fremdeln.

Vor allem der neue SPD-Fraktionschef Raed Saleh, der dem linken Flügel seiner Partei angehört, machte aus seiner Distanz zur CDU keinen Hehl – was offenbar auf Gegenseitigkeit beruht, wie in den Reaktionen der Unionsabgeordneten auf seine Rede deutlich wurde. Offen sprach Saleh über seine anfängliche Skepsis gegenüber der Union, mit der man nach der Wahl im September Koalitionsgespräche nur aufgenommen habe, weil die Verhandlungen mit den Grünen gescheitert waren. Dann sei er allerdings positiv davon überrascht worden, auf wie viele SPD-Vorhaben sich die CDU eingelassen habe, vom Mindestlohn für öffentliche Aufträge bis zum Ziel der stärkeren öffentlichen Einflussnahme auf Unternehmen der Daseinsvorsorge. Saleh erhielt während seiner Rede wiederholt Beifall von seinen SPD-Kollegen – auf den CDU-Bänken regte sich jedoch kaum eine Hand. Vor allem als er seine Freude darüber ausdrückte, dass man mit der Koalitionsvereinbarung „neoliberalen Dogmen eine Absage erteilt“ habe, herrschte bei der CDU eisiges Schweigen, ebenso nach seiner Aussage, man habe „mit den Konservativen eine linke Politik verabredet“.

Widerworte bekam SPD-Frakionschef Saleh von seinem CDU-Amtskollegen Florian Graf. Man betreibe in der Koalition „keine linke oder rechte, sondern ideologiefreie und pragmatische Politik“, sagte Graf in Richtung SPD. „Die Bürger haben Rot-Rot und damit auch die linke Politik in Berlin beendet.“ Nach diesen auf den CDU-Bänken laut beklatschten Worten war Stille unter den Sozialdemokraten.

Für die Opposition sind die kleinen Unstimmigkeiten ein gefundenes Fressen.

Die Opposition nutzte die spürbare Distanz zwischen den neuen Koalitionspartnern als Vorlage zum Angriff. Linken-Fraktionschef Udo Wolf spottete darüber, wie Saleh „die CDU durch den Kakao zieht“ und urteilte: „Diese Koalition hält nichts zusammen.“ SPD und CDU hätten „kein gemeinsames Projekt“. Wolf warf der rot-schwarzen Koalition vor, viele Projekte aus der zehnjährigen Regierungsbeteiligung der Linken einfach übernommen zu haben und sich „auf rot-roten Errungenschaften auszuruhen“. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop hob ebenfalls auf die „internen Reibereien“ der Koalition ab und kritisierte, dass der Senat erst so lange gebraucht habe, seine Arbeit aufzunehmen und dann eine Regierungserklärung vorlege, der nach ihrer Ansicht eine klare inhaltliche Linie fehle.

Auch die Personalauswahl des Senats kommentierte die Opposition mit Häme: Der zu Beginn der Parlamentssitzung vereidigte neue Justiz- und Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann (CDU) wisse „als Werber am besten, wie man Verbrauchern etwas vormacht“, sagte Linken-Fraktionschef Wolf. Und Pop fragte mit Hinweis auf die um ein Viertel auf 23 erhöhte Zahl der Staatssekretäre: „Trauen Sie ihren eigenen Senatoren so wenig zu, oder warum haben Sie die Verwaltung dermaßen aufgebläht?“

Die Piraten kritisierten die Ankündigung des Senats, sich trotz des bisherigen Scheiterns eines stadtweiten kostenfreien Wlan-Netzes erneut für den mobilen Internetzugang einsetzen zu wollen – innerhalb des S-Bahn-Ringes, wie Senatskanzleichef Björn Böhning im Tagesspiegel gesagt hatte. Piraten-Fraktionschef Andreas Baum wollte vom Senat wissen, ob denn das Gebiet außerhalb des S-Bahn-Rings nicht mehr zu Berlin gehöre.

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