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Berlin: Die Kunst des Schlenderns Unterwegs mit dem Flaneur Adolf Heilborn

Heute dichter Verkehr, die Lichter des Wintergartens, Rotlichtszenen. Damals „weltabgeschiedene Blumengärten, Lauben unter alten Kastanien“ neben dem Fahrweg, wie Adolf Heilborn sich erinnert.

Heute dichter Verkehr, die Lichter des Wintergartens, Rotlichtszenen. Damals „weltabgeschiedene Blumengärten, Lauben unter alten Kastanien“ neben dem Fahrweg, wie Adolf Heilborn sich erinnert. Gut 120 Jahre liegen an der Ecke Potsdamer Straße/Lützowstraße in Tiergarten zwischen beiden Bildern. Adolf Heilborn hat als Kind dort noch das Idyll erlebt. 1873 an der Potsdamer Straße geboren, promovierte er als Arzt, machte sich aber durch sein schriftstellerisches Talent einen Namen: Ebenso wie seine Zeitgenossen Wilhelm Bölsche und Bruno H. Bürgel gehörte er zu den Pionieren der populärwissenschaftlichen Literatur, schrieb über Urzeitmenschen oder Tiere. War aber auch ein Meister des feuilletonistischen Schlenderns durch Berlin.

Was er dabei entdeckte, was ihm einfiel zur Geschichte von Kiezen, Häusern und ihren Bewohnern und zur Veränderung der wachsenden Stadt, das hat er 1921 in seiner Plauderei „Die Reise nach Berlin“ aufgeschrieben. Lange Zeit vergessen, wurde das Buch jetzt neu aufgelegt. Eine erfreuliche Wiederentdeckung. Heilborn gehört zu den Vorbildern des bekanntesten Berliner Flaneurs Franz Hessel. Doch während dieser zumeist die Stadt der 20er Jahre beschreibt, schildert Heilborn das Berlin seiner Kindheit und Jugend während der späten Kaiserzeit. Dabei besucht er auch Schöneberg oder Friedenau, bis 1920 selbstständige Kommunen. Wie wirkten diese zu rasch wachsenden Orte auf ihn? Wie ein „dicklicher Junge, dessen zu kurzer und enger Anzug in allen Nähten kracht“. Christoph Stollowsky

Adolf Heilborn: Die Reise nach Berlin. vbb, Berlin. 136 Seiten, 14,95 Euro.

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