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Die Kunst des Weltverbesserns. Die studierte Umwelt-Expertin Milana Schoeller wurde Malerin, um die Menschen zu bewegen und aufzurütteln.

© Stefan Draschan/promo

Die Kunst des Weltverbesserns: Helfen ist sexy

„Who cares?“ ist der Titel einer Ausstellung in Mitte, die verführen will zu sozialer Verantwortung.

Das sehnsuchtsblaue Meer zeigt seine Verletzlichkeit in feinen farbigen Blasen auf der Oberfläche der Bilder. Es geht um Ursprünge und deren Grenzen in der Ausstellung „Who cares? Social Responsibility in Contemporary Art“. Wie berührt man Menschen so, dass sie ihr Leben ändern? Diese Frage treibt die Künstlerin Milana Schoeller um, deren Werke gerade in der Residenz Monbijou in Mitte gezeigt werden. Worte allein reichen nicht aus, erst recht nicht, wenn es viele sind, die zu durchaus fundierten Vorträgen zusammengefügt werden. Worte schaffen Problembewusstsein, Worte machen Politik, aber sie dringen nicht ganz tief ins Innere eines Menschen.

Business Management? Nein, lieber malen

Stand diese Erkenntnis am Anfang ihres Lebensweges als Malerin oder war die Berufung schon vorher da und musste von der Erkenntnis nur wachgerüttelt werden? Fest steht, dass die Umweltexpertin mit Abschlüssen in „Business und Design Management“ und „Sustainable Development“ Malerin geworden ist. Es ist nicht ihre erste Schau, aber die erste in Berlin. Und so aufgeregt war Milana Schoeller noch nie. Studiert hat sie an der renommierten St. Andrews Universität in Schottland. Möglichkeiten, die Erde mit nachhaltigen Projekten zu schützen, kennt sie aus der wissenschaftlichen Arbeit durchaus zur Genüge. Aber sie kennt eben auch deren Grenzen. Erst nach dem Studium hat sie sich in Stockholm zur Malerin ausbilden lassen. Das Meer ist dort immer nah.

Die Idee, mithilfe von Kunst die Welt zu verändern, ist nicht neu. Immer wieder stellen sich Künstler in den Dienst einer guten Sache, spenden ihre Werke für Versteigerungen zugunsten guter Anliegen. Gerade etwa ist in den Berliner Galerieräumen der SOS-Kinderdörfer eine Ausstellung der chinesischen Künstlerin JIA zu sehen, mit deren Erlös das Kinderdorf in Peking unterstützt wird.

Manche Werke entstanden in Schanghai

Von Milana Schoeller werden auch Bilder gezeigt, die in Schanghai entstanden sind. Sie tragen als Serie den Titel „The Red String“. Dieser rote Faden, der sich auf allen Werken dieser Serie wiederfindet, symbolisiert die Zerbrechlichkeit der Erde insgesamt, und die Farbe Rot ist vielleicht auch als Signal zu verstehen, als Weck-Farbe gewissermaßen. Die 28-Jährige glaubt fest daran, dass man die Welt zum Positiven verändern kann.

Das ewige Eis, es schwindet

Für ein Bild ließ sie sich bei einer Klimawandelexpedition in Grönland inspirieren. Geführt von Einheimischen, hat sie mitangesehen, wie das Eis, das Jahrtausende gehalten hat, unwiederbringlich bricht: „White Noise“ heißt ihre Arbeit dazu. Ein anderes Bild weist auf Gedankengrenzen hin, auf das unglaubliche Talent der Menschen zu verdrängen. „Man will ja vom Klimawandel eigentlich nichts mehr hören.“ Obwohl Wissenschaftler vor einer menschlichen Tragödie auf der Erde warnen.

Die Ausstellung „Who cares?“ will, dass die Werke selbst in den Menschen arbeiten. In ihrem Atelier in Stockholm ließ Milana Schoeller sich inspirieren zu einem Bild vom Meer. Es zeigt das Wasser in unglaublicher Gelassenheit, in diesem schönen, sauberen Blau, von dem man träumt, wenn es draußen warm ist. Gegenüber befindet sich die „Packet Soup“ des Künstlers Jan Kuck, ein Pool mit Plastiktüten, in den man hineinsteigen und die eigene Müllverursachung fühlen kann. Der Pool gemahnt an die berüchtigten Plastiktütenmüllinseln im Pazifik. Man merkt Milana Schoeller an, wie sie sich an der Kunst der Kollegen freut. „Reden ist Silber“ heißt eine Installation mit goldenen Lautsprechern. In der Nähe steht ein SOS-Trolley für Obdachlose, ein zusammenklappbares Zelt, das man auf Rollen hinter sich herziehen kann. „Big Bubbles Big Troubles“ ist der Titel einer Installation von Johannes Buss mit blauen Müllsäcken, auf denen das UN-Logo prangt, gefüllt mit Luft.

Eine Dornenkrone, der Krieg

Als nach und nach die Objekte der Kollegen hinzukamen, war Milana Schoeller erleichtert, den Kontext zu sehen, in dem ihre Kunst steht. Mit dem Ansatz, die Welt verändern zu wollen, ist sie nicht allein. In einem Raum präsentiert Igor Vuvic einen Ring, der eine Dornenkrone aus Granatsplittern des jugoslawischen Bürgerkriegs darstellt.

Bei der Vernissage scheint sich Milana Schoellers Aufregung gelegt zu haben. Ihr schwedischer Freund Ludvig Andersson rockt die Ausstellungseröffnung mit seinen Liedern. Es sind ganz viele junge Menschen gekommen, die ziemlich cool aussehen. Diese Ausstellung hat, so wirkt es, das Zeug, einen Trend zu setzen.

Residenz Monbijou, Monbijoustraße 2 in Mitte, Di-Sa 12–19 Uhr, bis 29. August

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