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Berlin: Die lässige Tour

TV-Moderatorin Ulla Kock am Brink hält nichts von Laufstress am Morgen. Sie joggt am liebsten nach der Arbeit im Park – da kann man auch mal abkürzen

„Ich halte gar nichts von der Redensart ‚Der frühe Vogel fängt den Wurm’. Wenn mein Mann morgens um 6 Uhr laufen geht, bekomme ich schlechte Laune. Er sitzt danach am Frühstückstisch mit einem triumphierenden Blick und gibt mir zu verstehen, wie gestählt er sich fühlt. Und mich ärgert mein schlechtes Gewissen. Heute morgen bin ich auf die Waage gestiegen und habe festgestellt, dass ich ein Kilo zu viel drauf habe. Ich esse leidenschaftlich gern und halte nichts von Diäten. Lieber gehe ich laufen. Aber bitte nicht vor dem Frühstück.

Ich bin eine Lustläuferin. Früh am Morgen zu joggen, das ist für mich eine Qual. Ich muss in Ruhe Kaffee getrunken und gefrühstückt haben, ein bisschen Stretching und erst dann geht es los. Theo ist ein harter Teutone. Er kann nach vier Stunden Schlaf acht Kilometer laufen. Das ist für mich undenkbar. Ich brauche mindestens einen Acht-Stunden-Schlaf, um vier Kilometer zu laufen. Manchmal sind es aber auch sechs oder sogar zehn. Am liebsten laufe ich in den frühen Abendstunden. Dann ist die Luft auch noch sehr schön und der See wunderbar ruhig. Vor allem sind diese ganzen dynamischen Frühaufsteher nicht da – es liegt Entspannung in der Luft und kein Nahkampfschweiß.

Mein Mann Theo Baltz ist ehrgeiziger als ich. Wenn wir zusammen joggen, tut das unserer Beziehung nicht immer gut. Theo läuft gern um den See, das sind immerhin 9,5 Kilometer. Meine Lieblingsstrecke ist der Park, da kann man auch mal abkürzen.

Leider haben wir unterschiedliche Tempi und Laufrhythmen. Wenn Theo einen seiner heißen Zwischenspurts macht, lege ich sofort einen niedrigeren Gang ein und laufe betont langsam hinter ihm her. Das Hase-und-Igel-Spiel liegt mir einfach nicht. Sollten wir mal nebeneinander laufen, reden wir trotzdem wenig und hängen unseren Gedanken nach. Jeder Jogger erzählt es und man kann es nicht mehr hören, aber es stimmt trotzdem: Ich kann beim Laufen sehr gut abschalten und die Ereignisse des Tages verarbeiten.

Um ehrlich zu sein, gibt es aber auch Wochen, da komme ich gar nicht zum Laufen. Keine Zeit. Keine Lust. Gute Ausreden. Als ich vor sechs Jahren mit dem Joggen angefangen habe, bin ich vier bis fünf Mal in der Woche gelaufen. Ich habe mit 30 Minuten angefangen, mich dann auf 40 gesteigert und war schnell bei einer Stunde und mehr. Mir ist das nicht schwer gefallen, als frühere Leistungssportlerin, Leichtathletik und Volleyball, weiß ich, dass regelmäßiges Training rasch zu Erfolgen führt. Doch mit dem Beginn meines Studiums habe ich den Sport aufgegeben – ein anderes, das richtige Leben hatte begonnen.

Viele Jahre später hat mich eine Freundin überredet, mit ihr laufen zu gehen. Es war höchste Zeit. Ich habe gemerkt, welche Stellen am Körper bedenklich wackelten. Straffung war nötig. So bin ich mit 38 Jahren zur Läuferin geworden. Ich gehe nicht gern ins Fitness-Studio. Dort riecht es manchmal nicht gut und ich bin zu sehr Individualistin, um im Kollektiv 200 Sit-ups zu machen.

Susan Mücke

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