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Schmiede mal wieder. Der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schaut sich an, wie an der Hans-Böckler-Schule in Kreuzberg gearbeitet wird.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die Lehre soll Schule machen: SPD will bessere Bildung für alle - auch für Flüchtlinge

Die SPD fordert mehr Chancen für Benachteiligte und Flüchtlinge – doch die Probleme beginnen im Kleinen: im Schulsekretariat. Regierender Michael Müller will Beitragsfreiheit für den Hort.

Eine halbe Stunde unterhält sich Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) mit Jugendlichen aus Syrien, Afghanistan, Iran und Albanien. Die Flüchtlinge sind in drei Willkommensklassen der Hans-Böckler-Schule in Kreuzberg untergebracht. Sie lernen Deutsch, um sich auf den regulären Unterricht vorzubereiten, erkunden die Stadt, treiben Sport. Gabriel ist beeindruckt „von der Energie“, die sie an den Tag legten, „obwohl manche von ihnen wissen, dass sie nicht in Deutschland bleiben können“.

Gabriels Besuch ist der Auftakt zu einem SPD-Bildungskongress im Willy-Brandt-Haus, an dem auch die französische Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Bahnchef Rüdiger Grube teilnehmen. Die SPD will ihrem etwas angestaubten Kernthema Chancengerechtigkeit für alle mit Hilfe der Flüchtlingsdebatte wieder mehr Schubkraft verleihen. Gabriel sagte, Deutschland sei in Sachen Bildungschancen für sozial Benachteiligte schon mal weiter gewesen als heute. Er forderte „eine bildungspolitische Wende“ mit deutlich mehr Investitionen in Kitas und Schulen.

Gabriel schlägt einen Nagel in den Baum an der Böckler-Schule, als Zeichen der Freundschaft. Nach ihm ist die französische Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem dran, die mit ihm zusammen am Montag die Schule besuchte.
Gabriel schlägt einen Nagel in den Baum an der Böckler-Schule, als Zeichen der Freundschaft. Nach ihm ist die französische Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem dran, die mit ihm zusammen am Montag die Schule besuchte.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Michael Müller sieht in dieser Frage auch Versäumnisse der eigenen Partei. Man sei „vielleicht zu spät eingestiegen in die Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule“. Nach der frühkindlichen Bildung wollen die Sozialdemokraten jetzt auch die Hortbeiträge abschaffen. „Bei den nächsten Haushaltsverhandlungen wird das wahrscheinlich eine Rolle spielen“, sagte Müller. Wie bisher werde man schrittweise vorgehen, also erstmal einen bestimmten Zeitraum beitragsfrei stellen.

Gabriel, Müller und Grube warben für die duale Ausbildung; eine Lehre müsse gleichberechtigt mit dem Studium bewertet werden. Dass seit einigen Jahren mehr Schulabgänger ein Studium aufnehmen als eine Lehre beginnen, finden sie alarmierend. Grube bot sich als Rollenmodell an: „Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden, habe mit Ach und Krach einen Hauptschulabschluss gemacht.“ Gegen den Willen seiner Eltern sei er auf die Realschule gegangen und habe später eine Lehre als Metallflugzeugbauer gemacht. Erst im Anschluss studierte er.

Grube will das Bahn-Programm „Chance plus“, das sich an Hauptschüler wendet, auf Flüchtlinge ausweiten. Bei Chance plus werden Schüler mit schlechten Noten oder ohne Abschluss ein Jahr lang auf die Ausbildung vorbereitet. Müller nutzte die Gelegenheit, um erneut für seine Idee eines Freiwilligen Industriellen Jahres zu werben. Um die bundesweit 325 000 Flüchtlingskinder in Schulen und Kitas zu integrieren, müssen tausende Lehrer eingestellt werden.

Für die 36 Flüchtlings-Schüler in ihren Willkommensklassen hat die Böckler-Schule drei zusätzliche Lehrer bekommen, dafür ist Schulleiter Thomas Pinnow dankbar. Allerdings seien die Schulsekretärinnen mit den organisatorischen Problemen und der hohen Fluktuation der Schüler überfordert. Viele müssen zwischendurch das Heim wechseln, andere ausreisen. Auch Sozialarbeiter fehlten. Trotzdem will Pinnow bald einen regulären Ausbildungsgang für Flüchtlinge anbieten.

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