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Die Meinung der Tagesspiegel.de-Kommentatoren: "Vielleicht einfach mal die Klappe halten, Herr Sarrazin!"

Fünf Euro Mindestlohn pro Stunde sind genug, meint Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin - und zieht sich damit sogar den Zorn der eigenen Parteigenossen bis hin zum Regierenden Bürgermeister zu. Aber auch bei den Lesern von Tagesspiegel.de erntet der Sparkommissar einen Sturm der Entrüstung.

"Wer ausgesorgt hat kann ja gerne behaupten, dass die Anderen für nicht mal 900 Euro im Monat leben sollen" meint User "rox" und bringt damit die Meinung vieler Tagesspiegel.de-Kommentatoren auf den Punkt. Und "epunion.de" rechnet vor: Einem Single verbleiben bei einem Stundenlohn von fünf Euro nach Abzügen und Miete noch rund 380 Euro pro Monat.

Viele User fordern daher Finanzsenator Thilo Sarrazin auf, selbst für fünf Euro die Stunde zu arbeiten. "macthepirat" schlägt vor, Sarrazin könne sich ja als Taxifahrer bewerben: "Durchschnittsstundenlohn sind cirka fünf Euro. Plus Tip für die angestellten Fahrer natürlich. - Achso, wären ja denn keine fünf Euro mehr, egal, kann er ja der Gustav-Hartmann-Stiftung spenden. Ich bin gespannt wie lange er das durchhält." Auch "cosmo10" ist der Ansicht, Sarrazin sollte doch sein übriges Gehalt nach Abzug einen Stundenlohnes von fünf Euro für wohltätige Zwecke spenden: "Damit würden Sie beweisen, dass Sie nicht nur Sprüche klopfen und die Allgemeinheit wird es Ihnen danken."

"Es ist peinlich, wenn Besserverdienende Armut klein reden"

"hildegard" geht noch einen Schritt weiter und hält es für einen wunderbaren Vorschlag, wenn "ab Morgen alle Senatoren und sonstigen "Führungseliten" für den gleichen Lohn wie weite Teile der Bevölkerung arbeiten, die sie vertreten. Das wäre endlich mal wirkliche 'Gerechtigkeit' und der Haushalt käme auch in Ordnung." Auch "winterschlie" hält das für eine gute Idee: "Ist doch prima! dann soll er doch ab heute nur noch fünf Euro die Stunde bekommen und andere Politiker sollen es ihm nachtun. Das spart Geld, das man anderswo gut gebrauchen kann!"

Aber nicht allen ist unbedingt nach Humor zumute, in Anbetracht von Sarrazins Vorschlag. Einige finden seine Äußerungen zutiefst beschämend und "berlinradler" meint: "Es ist peinlich, wenn Besserverdienende Armut klein reden und den Beweis dann nicht antreten."

"Sozial"-Demokraten?

Einige Tagesspiegel.de-Kommentatoren zweifeln dagegen zunehmend an den sozialen Absichten der SPD, der schließlich auch Thilo Sarrazin angehört. User "pschl" wirft den Parteigenossen Sarrazins, die seinen Rücktritt wollen, Heuchelei vor und er weiß aus eigener Erfahrung warum: "Was soll diese Empörung unter den "Sozial"-Demokraten? Ich habe als ABMler in einer Berliner Institution bei einer 40-Stunden-Woche am Monatsende 793 Euro auf dem Konto. Das sind in einem Monat mit 22 Arbeitstagen 4,50 netto pro Stunde. Sarrazins fünf Euro wären eine deutliche Verbesserung."

Andere User halten den Senator inzwischen ebenfalls für untragbar, wie zum Beispiel "linkehoeppi": "Wie lange noch will man einen Menschen wie den Finanzsenator im Amt halten?" "angel" sieht es ähnlich: "Senator Sarrazin ist inzwischen untragbar geworden. Neben anderen dummen Sprüchen nun auch noch so was. Er sollte abgelöst werden und zwar ohne Ruhegelder, Übergangsgeld oder ähnliches, sondern mit fünf Euro pro Tag. Das scheint ihm ja auszureichen." "henrykonfu" preist dagegen Sarrazins realistische Selbsteinschätzung: "Sarrazin gefällt mir von allen Politikern am besten. Er (…) sieht ein, dass seine Arbeit pro Stunde nur fünf Euro wert ist."

"coldplay19" findet, dass Sarrazin seiner Partei damit nur Schaden zufügt: "Vielleicht einfach mal die Klappe halten, Herr Sarrazin!", empfiehlt er und kritisiert: "Den Mund voll nehmen und seiner Partei in den Rücken fallen! Sie glauben doch wohl selbst nicht daran, für nur fünf Euro die Stunde arbeiten zu wollen. Nicht bei den Lebenshaltungskosten."

"zwilling68" hält so langsam die politische Situation in Berlin für gefährlich: "Die aktuell 'regierende' Manschaft macht nur noch durch Possen, deplazierte Sprüche und fatale Fehlentscheidungen von sich reden und die Opposition mit ihrem durchweg unbeliebten Herr Pflüger steht auch nicht viel besser da." Und auch "rsch" meint, "wer wählt schon eine Partei, deren Vertreter sich dermaßen lächerlich machen."

"Bereue ich diesen Schritt keinesfalls mehr"

"terrier" versteht die Berliner Welt nicht mehr so ganz: "Offensichtlich lieben die Berliner ihren Finanzsenator. Hier hat er seine Spielwiese gesucht und gefunden. Anderenorts hätte man ihn wohl längst aus der Stadt gejagt." User "rathauskatze01" äußert ebenfalls Unmut über die Arbeit der Regierung: "Dieser Mann gehört eine Landesregierung an, die seit ihrer Wahl (oder besser ihrer gebildeten Koalition) ohne nennenswerte Ergebnisse dasteht." Und "yogi1954" empfiehlt, die Wahlhelfer "der sogenannten 's'PD" an den Infoständen auf Sarrazins Äußerungnen anzusprechen und Rechtfertigungen zu fordern, warum der Wähler dieser Partei noch vertrauen soll.

"gebsch" hat gleich den Schlussstrich gezogen und fühlt sich durch den Finanzsenator in seiner Entscheidung bestätigt: "Als ich nach 18 Jahren Mitgliedschaft kürzlich aus der SPD ausgetreten bin, hatte ich anfänglich doch ein schlechtes Gewissen. Dank Ihrer vielen geschmacklosen und hämischen Provokationen gegenüber den ärmsten unserer Gesellschaft, bereue ich diesen Schritt keinesfalls mehr."

"Er ist ein innerlich freier Mann"

In der Debatte auf Tagesspiegel.de über Thilo Sarrazin finden sich aber auch einige, die den SPD-Politiker unterstützen. "berlijoey" meint, Sarrazin ist "der einzige, dem die Ideologie nicht über alles geht, sondern Politik machen möchte". Und auch "plumpe" findet: "Er ist ein innerlich freier Mann, der sich das Denken nicht verbieten läßt." (imo)

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