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Berlin: Die Messlatte liegt hoch – zu hoch?

Das Solidarpaktmodell des Senats könnte 525 Millionen Euro sparen, Alternativen sind davon weit entfernt

Alternativen wurden auf beiden Seiten immer wieder genannt: Der Senat droht schon seit Beginn der Solidarpaktverhandlungen mit einseitigen Maßnahmen, sprich betriebsbedingten Kündigungen, einem absoluten Stellenstopp, gesetzlich erstrittener Zulagenkürzung oder Arbeitszeiterhöhung. Die Gewerkschaft dagegen kämpft für kleinformatigere Einsparmöglichkeiten auf freiwilliger Basis. Doch alle ins Spiel gebrachten Varianten, um die Personalkosten im Öffentlichen Dienst zu senken, haben einen entscheidenden Haken. Entweder sie erbringen die nötige Sparsumme von 500 Millionen Euro gleich gar nicht, oder es ist ungewiss, ob sie überhaupt erfolgreich umgesetzt werden können. Womit wiederum der Spareffekt bezweifelt werden darf.

Die Messlatte ist hoch angesetzt. 500 Millionen Euro will der Senat durch das altersbedingte und sonstige freiwillige Ausscheiden von Mitarbeitern mittelfristig einsparen. Die zweiten 500 Millionen Euro hätten mit den Solidarpaktverhandlungen erzielt werden sollen. Der vom Senat vorgeschlagene Verzicht auf die zweiprozentige Lohnsteigerung aller Beschäftigten in den kommenden vier Jahren bei gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitszeit würde 130 Millionen Euro im Jahr 2003 bringen. Im Folgejahr wären es bereits 260 Millionen Euro, 2005 könnte Berlin bei der Sparsumme von 392 Millionen Euro angelangt sein, um im Jahr 2006 bei 525,1 Millionen Euro zu landen.

Die durch jährlichen Gehaltssteigerungsverzicht erreichbare Sparsumme würde nur allmählich die notwendigen 500 Millionen ergeben. Deshalb hat der Senat ergänzende Maßnahmen vorgeschlagen. Der volle Verzicht auf das 13. Monatsgehalt, hat der Senat errechnet, ergäbe 434,6 Millionen Euro als Sparergebnis. Dabei ist der volle Verzicht nicht vorgesehen. Die Berechnung soll nur die Dimensionen des Sparpotenzials veranschaulichen. Der Senat hatte angestrebt, das 13. Monatsgehalt nur in den oberen Gehaltsklassen in den kommenden vier Jahren einzusparen, die unteren Gehaltsklassen sollten es weiter voll bekommen. Der Senat peilte dadurch in der Summe etwa die Halbierung des insgesamt ausgezahlten 13. Monatsgehalts an, das würde immerhin noch 217,3 Millionen Euro Sparsumme bringen. Und ein zusätzlicher Verzicht aller Beschäftigten auf die Urlaubsgeld-Pauschale schlüge nach diesen Berechnungen mit 39,5 Millionen Euro Einsparungen zu Buche. Die Gewerkschaften dagegen legen für die von ihnen vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen im Landeshaushalt keine konkreten Zahlen vor. Der stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Bernd Rissmann nannte jedoch die Senatsvorgabe von 250 Millionen Euro Sparsumme bereits im kommenden Jahr und den schließlich 500 Millionen Euro in den Folgejahren „unseriös und unrealistisch“. Der Haushaltsplan müsse deshalb korrigiert und „eine realistische Einsparsumme“ festgelegt werden. Realistisch ist nach Ansicht Rissmanns höchstens eine Summe von 100 Millionen Euro. Der 7-Punkte-Plan des DGB enthält auch nur an zwei Stellen Vorschläge zum Personal. So soll die Reform der Polizeiführung wie von der Gewerkschaft der Polizei vorgeschlagen, „ernsthaft“ angegangen werden. Zudem könne man anstreben, die Personalfluktuation durch Teilzeit, Altersteilzeit und Ruhestandsregelungen mit 55 Jahren zu erhöhen. Die Gewerkschaften haben in den vergangenen Wochen jedoch stets übereinstimmend mit dem Senat festgestellt, dass diese Maßnahmen nur geringe Sparsummen erbringen könnten. Insbesondere deshalb, weil die Fluktuation ohnehin mit diversen Angeboten bereits forciert wird.

Neben den Personalvorschlägen gehört zu dem Plan auch die Idee der Bankenkritiker, die Fondsanleger der geschlossenen Immobilienfonds zu einem freiwilligen Verzicht auf Renditen aufzufordern. Weiter dringen die Beschäftigtenvertreter mit ihren Alternativvorschlägen auf eine entschiedenere Fortsetzung der Verwaltungsreform, effizienteres Gebäude- und Immobilienmanagement, die Senkung der Sozialhilfekosten und den Verkauf des Senatsgästehauses im Grunewald.

Auch nach dem Scheitern der Solidarpaktgespräche konnten Gewerkschaftsvertreter am Donnerstag ihre Alternativvorschläge nicht in Euro-Summen ummünzen. Und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte zu den einzelnen Vorschlägen am Donnerstag einen knappen Kommentar auf Lager: Das alles bringe„keine weiteren Einsparungen“. Fast alle diese Maßnahmen seien fester Bestandteil des Senatshandelns und auch darüber hinaus wenig hilfreich in der Diskussion um die Senkung der Personalkosten.

Auch der Deutsche Beamtenbund hat die Modelle des Senats eindeutig abgelehnt. Der Landesvorsitzende Joachim Jetschmann sagte am Donnerstag in einem Interview des Inforadio Berlin-Brandenburg, in den nächsten sechs bis acht Jahren würden ohnehin etwa 40 000 Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes in den Ruhestand gehen. Zusammen mit Strukturveränderungen in der Berliner Verwaltung könnten so die Personalkosten zielgerichtet gesenkt werden.

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