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Berlin: Die Miete reicht nicht

Der Wohnungsbaugesellschaft Mitte droht der Ausverkauf. Auch andere Landesbetriebe haben Schulden

Die guten Nachrichten vorweg: „Es gibt kein Insolvenzszenario für die Wohnungsbaugesellschaft Mitte“, sagt Geschäftsführer Lars Ernst. Und: Die Schuldenlast der landeseigenen Wohnungskonzerne sinkt seit dem Jahr 2002 stetig. Ungetrübte Freude löst dies aber nicht aus, denn der längst eingeschlagene Sanierungskurs wird teuer bezahlt. Jedes Jahr verkaufen die öffentlichen Unternehmen mehrere tausend Wohnungen in besten Lagen der Stadt; viele davon waren früher mit Millionensubventionen des Landes gebaut oder saniert worden.

Ausgelöst wurde die neuerliche Debatte um die Zukunft der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft durch einen ungeschönten Bericht über die wirtschaftliche Lage der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) – sowie den Plänen zur Behebung dieser Schieflage. Um die unpopuläre Streichung von fast 300 Stellen durchzusetzen, war am Dienstag sogar von drohender Insolvenz die Rede. Tatsächlich steht die WBM am schlechtesten unter den landeseigenen Wohnungskonzernen da: Es gab 2004 Verluste von rund 56 Millionen Euro und leicht sinkende Mieteinnahmen. Doch Kassandra-Rufe und politische Forderungen nach dem raschen Verkauf der Firmen spielen nur Finanzinvestoren auf Schnäppchenjagd in die Hände.

Denn die Wohnungen sind nicht in erster Linie schuld an der Schieflage der WBM: „Die überwiegenden Probleme gibt es im Gewerbebereich“, so Ernst. Die inzwischen abgelöste frühere Geschäftsführung hatte die Erweiterung des Internationalen Handelszentrums betrieben und in das Haus des Lehrers, in die Kongresshalle und die Rathauspassagen investiert. Die dabei entstandenen Kosten können nun nicht gedeckt werden, weil die Mietpreise für Büroflächen gesunken sind.

Um die Folgen dieser Misswirtschaft zu beheben, wird nun wohl dasTafelsilber verkauft: 2500 Wohnungen im Zentrum der Stadt. Die Erwerber werden Schlange stehen: Bereits das derzeit laufende Privatisierungsverfahren der BVG-Immobilien übertrifft alle Erwartungen der Eigentümer. Es gibt mehr Interessenten als man hoffen konnte, und sie bieten offenbar unerwartet hohe Preise.

Denn der Wohnungsmarkt zieht an. Einen Discount-Preis von umgerechnet etwa 32000 Euro pro Wohneinheit hatte US-Investor Cerberus noch für die 66000 Objekte der landeseigenen GSW bezahlt. Kurze Zeit später musste der US-Fonds Fortress schon 14000 Euro mehr pro Wohnung der bundeseigenen Gagfah bezahlen. Privatisierung allein ist kein Allheilmittel. Dass öffentliche Wohnungskonzerne selbst auch schwarze Zahlen erreichen können, zeigt das Beispiel Gesobau: Obwohl man Wohnungen in einfachen Lagen wie Wedding und Buch besitzt, konnten nach Verlusten von vier Millionen Euro 2002 im vergangenen Jahr sechs Millionen Euro Gewinn erzielt werden. „Das Geschäft ist das gleiche für private wie für öffentliche Firmen“, sagt Gesobau-Vorstand Stephan Mertens. Und das heißt: sanieren, Personal reduzieren, billigere Kredite beschaffen, Mieten anheben und Wohnungen verkaufen.

Auch Ludwig Burkhardt, Chef des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, hält es für falsch „nur angstvoll auf die Schulden zu schielen“. Den Verbindlichkeiten landeseigener Firmen stünden vermietete Wohnungen mit sicheren Mieteinnahmen gegenüber. Eben dies mache die Bestände für Finanzinvestoren so attraktiv.

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