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Berlin: „Die Nachwende-Euphorie ist verflogen“

Die Teilnehmerzahlen des derzeit im ICC stattfindenden Architektur-Weltkongresses sind hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ein Zeichen dafür, wie tief die Branche in der Krise steckt?

Die Teilnehmerzahlen des derzeit im ICC stattfindenden Architektur-Weltkongresses sind hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ein Zeichen dafür, wie tief die Branche in der Krise steckt? Lars von Törne befragte den Generalsekretär des Kongresses und Bundesgeschäftsführer des Bundes Deutscher Architekten, den Volkswirt Carl Steckeweh.

Berichten zufolge ist der Architektur-Weltkongress, den Sie zurzeit in Berlin veranstalten, pleite. Dem Bund Deutscher Architekten droht angeblich sogar der Konkurs. Stimmt das?

Das ist eine Mär. Wir haben zwar nicht die erhoffte Zahl von 7000 Besuchern erreicht. Aber für Panikmache gibt es keinen Grund. Wir hatten alleine bis Montagnachmittag mehr als 3900 Kongressteilnehmer, dazu Studenten, Begleitpersonen und 500 Journalisten. Der Kongress ist gut angelaufen.

Dennoch droht Ihrem Verband ein Minus.

Der Kongress kostet uns natürlich etwas. Aber keiner kann heute sagen, wie viel. Eine Pleite des BDA bedeutet das aber keinesfalls.

Gerade aus Deutschland haben Sie weniger Teilnehmer als erwartet. Zeigt das, wie sehr die deutsche Architektur nach dem Ende des Baubooms der Wendezeit in der Krise steckt?

Ich denke, es ist eine wichtige Phase zu Ende gegangen. Das weiße Rauschen ist vorbei. Wir sind in großen Teilen unseres Berufsstandes und auch in der Wirtschaftsstärke wieder beim Stand von 1989 angekommen. Die Nachwende-Euphorie ist verflogen. Die Wettbewerbsbedingungen sind härter geworden. Die wirtschaftlichen Probleme, die wir haben, waren noch vor wenigen Jahren nicht vorstellbar.

Gerade in Berlin ist das Ende des Baubooms besonders deutlich zu sehen. Steckt die Berliner Architektur in einer existenziellen Krise?

Was die inhaltliche Qualität angeht, glaube ich das nicht. Was die Quantität des Bauvolumens angeht, ist das aber zutreffend. Berlin liegt im Auge des Orkans der schlechten Baukonjunktur. Die wirtschaftliche Situation ist in Berlin mit am schlechtesten in der ganzen Bundesrepublik.

Welche Auswirkungen erhoffen Sie sich in dieser Situation vom Weltkongress für die Berliner Stadtentwicklung?

Eine Neubesinnung auf die vorhandenen Werte. Das, was an Gebäuden vorhanden ist, sollte anders betrachtet werden als bisher.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel haben wir ganz bewusst als zweites Veranstaltungszentrum neben ICC und Messe den alten Postbahnhof am Ostbahnhof gewählt. Das ist eine hochinteressante Architektur, die seit acht, neun Jahren darniederliegt. Aber dieser Bau ist architektonisch viel zu wertvoll, um abgerissen zu werden. Da können wir zeigen, dass man aus einer Beutelumschlaghalle auch eine Lounge für einen Kongress machen kann.

Welche Impulse gibt Berlin Ihrem Kongress?

Viele Besucher kommen nicht wegen des Programms, sondern wegen der Stadt. Berlin ist nach wie vor für Architekten ein außergewöhnlicher Anziehungspunkt, wie eine in sich geschlossene Architekturausstellung.

Welche von den vielen Veranstaltungen im Umfeld des Kongresses empfehlen Sie denjenigen Berlinern, die keine Fachleute sind, sondern interessierte Laien?

Ich empfehle drei Ausstellungen. Besonders interessant ist die Schau über große Projekte in Berlin im Postbahnhof. In der Messehalle 20 beschäftigt sich die Ausstellung „Constructing Atmospheres“ mit dem Menschen und dem Leben in Häusern. Und die künstlerisch wertvollste Ausstellung ist „Die Hand des Architekten“ im Alten Museum.

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