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Berlin: Die Party sollte nie zu Ende gehen

Wenn in den achtziger Jahren der schneeweiße Rolls-Royce neben der Schaubühne am Lehniner Platz stand, dann hieß es: Beeilung, die Hauptdarsteller sind schon da. Alsdann begann ein rauschendes Fest mit Champagner und Zigarren.

Wenn in den achtziger Jahren der schneeweiße Rolls-Royce neben der Schaubühne am Lehniner Platz stand, dann hieß es: Beeilung, die Hauptdarsteller sind schon da. Alsdann begann ein rauschendes Fest mit Champagner und Zigarren. Die Rechnung? Bezahlen die Stars, "in Bar". Ihr Name: Axel Guttmann und Klaus Grönke. Ihre Bühne: das "Ristorante Ciao" neben der Schaubühne.

Hier stellten die beiden Immobilien-Unternehmer sich und ihren Reichtum zur Schau, denn hier gaben sich West-Berliner Baulöwen die Klinke in die Hand. Wenn es nach Axel Guttmann gegangen wäre, dann hätte die Party nie enden sollen. Doch es kam anders. Erst kam der Fall der Mauer und damit ein weiterer Höhenflug - und dann der jähe Absturz. Jetzt starb Axel Guttmann (56), so überraschend, wie er gelebt hatte. Damit endete die schillernde Karriere eines der wohl exzentrischsten Baulöwen und Partei-Großspender Berlins.

"Wir sind extrem ehrgeizig und erfolgssüchtig", sagte Guttmann einmal dem Tagesspiegel. Und das, so behaupten Insider, brach ihm das Genick. In den Siebziger Jahre bauten sie ihr Unternehmen auf, und nach der Wende mischte das Guttmann-Unternehmen Trigon beim Immobilien-Monopoly mit. Sie kaufen in Ost-Berlin und der ehemaligen DDR Gründstücke und Immobilien im großen Stil auf - wie die gesamte Branche überzeugt von einem grenzenlosen Boom im Osten der Republik. Doch die Euphorie währte nicht lange. Am größten Brocken, der ehemals DDR-eigenen Interhotel, verschluckte sich die Trigon. 1997 war die Hotelkette zahlungsunfähig. Die Interhotel-Pleite reißt Guttmann und Grönke in den Strudel.

Doch die Deutsche Bank, Chefin des Konsortiums der Gläubiger-Institute, lässt die beiden Unternehmer nicht fallen. Zu viel Geld ist im Spiel. Von fünf bis sechs Milliarden Mark Schulden ist die Rede. Also beschließen die Banker: Die Multimillionäre sollen selbst ausbaden, was sie uns einbrockten - unter Banken-Kuratel mit neuen Bauaufträgen die Schulden abarbeiten. In der Branche hieß es, dass der Unternehmer keinen Scheck mehr unterschreiben dürfe.

Die Banker wussten aber, dass ihr Schuldner ihnen in Berlin so manche Tür öffnen würden. Denn Guttmann war geschäftlich groß geworden im West-Berliner Biotop. Woher der Wind in der ummauerten Stadt weht, das lernten sie bei ihrem Mentor Carsten Klingbeil. Der legendäre Bauträger - heute gibt sich der Privatier gern als Bildhauer - war Mitte der achtziger Jahre in die Bau- und Bestechungsaffäre verwickelt, der unter dem Namen Antes-Skandal in die Berliner Geschichte einging. Um Bargeld, Parteispenden und Bauaufträge drehte sich die Klingbeil-Verwicklung in die "Affäre Hessische Landesbank". Von dem Geldhaus erhielt er einen Kredit von 84 Millionen Mark. Wenige Wochen später empfing der Verwaltungsrat der Bank, Rudi Arndt, eine Millionenspende von Klingbeil. Begünstigte Partei hier: die SPD. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, einen direkten Zusammenhang von Kredit und Spende konnte sie nicht beweisen. Damals stand auch in Berlin die Mauer noch, und die Kontaktpflege zu Regierenden und Baubehörden entschieden über den unternehmerischen Erfolg: Denn diese vergaben öffentliche Förderungen für die Errichtung von Sozialwohnungen. 35 Milliarden Mark ließ Berlin sich das insgesamt kosten; mit diesem Schuldenberg kämpfen seitdem alle Berliner Regierungen. Die Bauunternehmer dagegen verdienten gut daran. Guttmann und Grönkes Privatvermögen soll bis zur Interhotel-Pleite 500 Millionen Mark betragen haben. Sie flogen im eigenen Jet, beteiligten sich am Privatsender 100,6, erklärten ihre private Ferrari-Sammlung in der Nationalgalerie zu zeitgenössischer Kunst und sammelten antike Helme (Guttmann) sowie Ritterrüstungen (Grönke). Guttmann liebte die "amerikanischer Zurschaustellung eigenen Vermögens" (ein Bekannter). Seine Extravaganz umfasste auch die Ehefrau. Als das Unternehmen des damals 50-Jährigen vor der Insolvenz stand, ließ sich Guttmann von seiner Gattin Malgorzata scheiden, um einer damals 20-jährigen das Jawort zu geben. Mit einem monatlichen Scheck von 50 000 Mark als Unterhalt, Schmuck im Wert von 180 000 Mark und einem gelben Ferrari soll Guttmann der Ex-Gattin den Abschied versüßt haben.

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