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Beil auf Backbord. Und nicht nur dort. Aus vielen Ländern reisen die 280 Teilnehmer an und starten dann auf dem Tegeler See.

© dpa

Berlin: Die Piraten mit dem Hackebeil

280 Segler sind Himmelfahrt auf dem Tegeler See unterwegs. Erkennungszeichen: das Symbol auf dem Segel. Dahinter steckt eine Berliner Geschichte, die vor 75 Jahren auf der Havel ihren Anfang nahm.

Ein Anker als Klassenzeichen eines Bootstyps leuchtet spontan ein, auch ein Steuerrad, eine Meerjungfrau, vielleicht auch ein Seeungeheuer, aber ein Beil? Nun, wenn es sich um einen Klasse namens „Pirat“ handelt, bliebe als Alternative eigentlich nur das Entermesser. Totenkopf und gekreuzte Knochen oder ein Holzbein wären wohl doch zu makaber.

Ein Beil also, oben an der Spitze des Großsegels – so erkennt selbst der Laie ein Boot der Piratenklasse. Es gibt sie jetzt seit 75 Jahren, und das ist indirekt der Zeitschrift „Yacht“ zu verdanken. Die hatte 1938 den Deutschen Segler-Verband dazu bewegt, den aus Schleswig-Holstein stammenden, dann in Berlin ansässigen Jollenkonstrukteur Carl Martens mit dem Bau eines besonders leicht zu bauenden, aber doch anspruchsvoll zu segelnden Boots zu betrauen – zur „Sicherung des sportlichen Nachwuchses“. Die Potsdamer Werft Lepp setzte dessen Entwurf um, und Mitte Februar 1938 wurde auf der Havel die Jungfernfahrt des ersten Boots absolviert – Beginn einer bis heute andauernden Erfolgsgeschichte.

Und keineswegs nur als Anfängerboot, wofür der Pirat doch anfangs gebaut worden war. Wenn in dieser Woche, von Donnerstag bis Sonntag, der vor 112 Jahren gegründete Tegeler Segel-Club im Namen der International Pirate Association zur Jubiläumsveranstaltung lädt, samt Wettfahrten auf dem Tegeler See am Freitag und Sonnabend, reicht die Altersspanne der Teilnehmer von 14 bis über 70 Jahren. In einem Boot sind sogar Opa und Enkel gleichermaßen vertreten, berichtet Linda van der Wal, Sprecherin des Vereins. 280 Segler in 140 Crews aus acht Nationen werden erwartet, Türken, Ungarn, Schweizer, Holländer und sogar ein Piratensegler aus Chile, der zwar sein Boot zu Hause lässt, seinen Segelsatz mit der eigenen Segelnummer aber nicht. Die chilenische Flagge wird allerdings nicht über dem Tegeler See flattern: Bei Wettfahrten ist das verboten. Doch vor dem Vereinsgebäude knattern alle Landesfahnen lustig im Wind, wenn er denn weht.

Irgendwann werden auch mal alle 140 Boote auf dem Wasser sein, die Wettkämpfe aber finden in Gruppen statt, so groß ist der See ja nun auch wieder nicht. Dass der Tegeler Segel-Club die Veranstaltung ausrichten darf, ist angesichts der Berliner Wurzeln des Piraten zwar naheliegend, lag aber eher daran, dass er sich beworben hatte und den Zuschlag bekam. Angesichts seiner Größe – er wurde als zweiter hiesiger Segelverein gegründet – kann er dies auch leicht bewältigen, bei einem kleinen Verein wäre das schon schwieriger. Preise gibt es bei den Wettfahrten natürlich auch zu gewinnen: Piratenbeile, in Gold, Silber, Bronze – und aus Holz, für die Holzpiraten!

Alles rund ums Fest unter www.75-jahre-pirat.de

Das Fest findet statt vom 9. Mai bis 12. Mai, abends gibt es auch Partys auf dem Vereinsgelände. Zu sehen sind die Boote von fast allen Ufern.

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