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Berlin: Die Pleite der Bankgesellschaft käme Berlin noch teurer zu stehen

Bürgerinitiative will ein Volksbegehren zum Konkurs. Aber die Insolvenz wäre noch kostspieliger für das Land als die Übernahme aller Immobilienrisiken

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Was ist teurer: Die Bankgesellschaft retten oder in Konkurs gehen lassen? Das ist die Gretchenfrage, um die sich auch das Volksbegehren dreht, das vom Senat nicht zugelassen wurde. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat dazu eine klare Meinung: Die Insolvenz der Bank würde acht bis zehn Milliarden Euro kosten, die das Land Berlin zu tragen hätte. Die gesetzliche Absicherung der skandalträchtigen Immobiliengeschäfte („Risikoabschirmung“) sei mit drei bis sechs Milliarden Euro der günstigere Weg. Zumal diese Kosten nicht sofort anfallen, sondern sich auf die nächsten 30 Jahre verteilen.

Auch nach Einschätzung des PDS-Haushaltsexperten Carl Wechselberg würde ein Konkurs der Bank zum sofortigen „finanz- und wirtschaftspolitischen Super-Gau“ führen. Und selbst der Oppositionspolitiker Jochen Esser (Grüne) kam zu ähnlichen Schlüssen. Er setzte – in einem Aufsatz für die Parteizeitung „Der Stachel“ – die Risiken der Immobiliengeschäfte mit acht bis zehn Milliarden Euro zwar höher an als der Finanzsenator. Aber Esser ging auch von höheren Insolvenzrisiken aus: „Mindestens 15 Milliarden Euro“. Weitere Folgen der Bankenpleite wären „die panikartige Verunsicherung von einer Million Kunden, der Verlust von 40 Prozent der Arbeitsplätze im Bankenbereich, eine Vertrauenskrise für das Land und Auswirkungen auf kleine und mittlere Betriebe“.

Die Initiative „Bankenskandal“ fordert eine kontrollierte Insolvenz der Bankgesellschaft. Dem steht die enge Verflechtung des privatrechtlich organisierten Konzerns mit der öffentlich-rechtlichen Landesbank Berlin (LBB) einschließlich der Sparkasse entgegen. Denn bei einer Pleite muss das Land Berlin – als Gewährträger – für alle Finanzverpflichtungen von LBB und Sparkasse eintreten, die für den Konzern eingegangen wurden. Das sind, wie gesagt, hohe Milliardenbeträge. Immerhin soll 2005 der Not leidende Immobilienbereich von der Bankgesellschaft abgetrennt werden. Das erleichtert den Umgang mit den Fonds-Risiken, ändert aber auch nichts an der Haftung des Eigentümers Berlin. Die Kette von Patronatserklärungen und bindenden Verträgen ist, nach Einschätzung des Senats, lückenlos.

Schaut man in den Haushalt, hat die Bankgesellschaft seit ihrer Gründung 1993 dem Land Berlin fast nur Ärger und Kosten verursacht. Sieht man einmal von den 70 Millionen Euro jährlicher Dividende ab, die von 1995 bis 1999 in die Landeskasse flossen. Seit dem Krisenjahr 2000 konnte die Bankgesellschaft keine Gewinne mehr ausschütten. Daran wird sich auch bis zum Verkauf, der mittelfristig ansteht, voraussichtlich nichts ändern. Im März 2003 hat der Senat noch darauf verzichtet, die Bank an einen US-Investor zu verkaufen. Das hätte nur 10 Millionen Euro und die Übernahme eines geringen Teils der Immobilienrisiken ( 700 Millionen Euro) eingebracht. Auf den restlichen Risiken in Milliardenhöhe wäre das Land Berlin sitzen geblieben.

Und so haftet das Land weiterhin mit maximal 21,6 Milliarden Euro (bis 2031) für das Alt-Immobiliengeschäft. Die realistisch zu zahlende Summe wurde von der Finanzverwaltung 2002 noch auf 3,73 Milliarden Euro eingegrenzt. Deutlich höhere Zahlungen (bis 6 Milliarden Euro) schließt Finanzsenator Sarrazin inzwischen nicht mehr aus. Seit 2003 muss in jeden Etat eine jährliche „Garantievorsorge“ von 300 Millionen Euro eingesetzt werden. 2004 bis 2006 werden die ersten 675 Millionen Euro fällig. Ansprüche über weitere 800 Millionen Euro wurden bei der Finanzverwaltung angemeldet.

Weitere zwei Milliarden Euro wurden schon 2001 dem Landeshaushalt entnommen, um der Bankgesellschaft frisches Kapital zuzuschießen. Ansonsten hätte die amtliche Bankenaufsicht den Laden dicht gemacht. Von einem Tag auf den anderen.

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