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Berlin: Die Politik hat Scientology als Gefahr erkannt

Parteien wollen Organisation vom Verfassungsschutz beobachten lassen SPD setzt auf verbesserte Aufklärung und sucht das Gespräch mit den Kirchen

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Der Berliner Verfassungsschutz will nach Tagesspiegel-Informationen die umstrittene Organisation Scientology wieder beobachten. „Es gibt eindeutige Hinweise darauf, die eine Überwachung rechtfertigen“, sagte SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam. Scientology wirbt seit Eröffnung ihrer Hauptstadtrepräsentanz in Berlin immer offensiver um Mitglieder. Die Sprecherin der Innenverwaltung, Nicola Rothermel, dementierte eine Überprüfung nicht, sondern berief sich auf die „laufende Prüfung“. Offiziell wird sich der Verfassungsschutzausschuss damit erst am 30. Mai befassen.

FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo und der stellvertretende CDU-Fraktionschef Michael Braun befürworten die Beobachtung von Scientology durch den Verfassungsschutz. Grünen-Rechtspolitiker Dirk Behrendt dagegen findet das nicht notwendig, da „man ohnehin schon alles über Scientology weiß“.

In Berlin war die Beobachtung durch den Verfassungsschutz 2003 mangels nachweisbarer Verstöße gegen das Grundgesetz eingestellt worden. Damals befand das Berliner Verwaltungsgericht, dass die vorliegenden Erkenntnisse über die Aktivitäten der Organisation für eine Beobachtung nicht ausreichten.

Das hat sich offenbar geändert. Inzwischen hat die Vereinigung neben ihrer Deutschlandzentrale an der Otto-Suhr-Allee auch eine Filiale in der Meinekestraße eröffnet. Und überall taucht die umstrittene Organisation auf: Scientologen verteilen Hefte an Schulen, bieten Nachhilfeunterricht an, werben an Straßenständen und bieten einen kostenlosen „Stresstest“ an. Verbieten kann das der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zwar nicht, doch fordert Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen (SPD) die Bürger auf, dem Ordnungsamt zu melden, wenn „Verkaufsgespräche“ an den Scientology-Ständen geführt werden.

Auch die evangelische und die katholische Kirche sprechen sich für eine verstärkte Aufklärung über die Gefahren der Organisation aus. Markus Bräuer von der evangelischen Landeskirche und Erzbistumssprecher Stefan Förner boten dazu Gespräche mit der Politik an. Sie betonen, dass Scientology keine Kirche oder Religionsgemeinschaft sei, sondern ein auf Gewinnmaximierung angelegtes Wirtschaftsunternehmen. Die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen spricht gar von einer „Geheimgesellschaft“, deren Werte nicht mit der Menschenwürde vereinbar seien. Deswegen gelte für die Organisation auch das gesetzlich verbürgte Recht auf Religionsfreiheit nicht, so Markus Bräuer. Beim Verkauf landeskirchlicher Immobilien gäbe es eine „Scientology-Klausel“. Jeder Käufer müsse bestätigen, das er nicht zu der Organisation gehört.

Die Opposition erwartet von Bildungssenator Jürgen Zöllner Vorschläge, wie man Kinder und Jugendliche umfassend über Scientology informiert. Die SPD will regelmäßige Treffen mit Kirchenvertretern und Vereinen organisieren, um sich über die Aktivitäten von Scientology auszutauschen. „Wir wollen eine Anlaufstelle beim Senat einrichten“, sagte Tom Schreiber, verfassungsschutzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

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