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Berlin: Die Rechnung, die aus der Kälte kam

Die Deutschlandhalle verschlingt fast drei Millionen Euro pro Jahr – zahlen will keiner und genutzt wird sie nur von Eissportlern

Das Loch ist da – und flicken will es niemand. Fast drei Millionen Euro muss die Messe Berlin pro Jahr für den Betrieb der Deutschlandhalle aufbringen. Zurzeit wird in der Halle hauptsächlich Eishockey gespielt. Die Messe will sich als Eigner der Halle zum Thema Kosten nicht äußern. Die Senatsverwaltungen für Sport und Wirtschaft prüfen mal wieder, wer die Kosten am Ende aufbringen muss.

Dass die Unterhaltung der Deutschlandhalle teurer sein werde als der Betrieb der alten benachbarten Eissporthalle sei klar gewesen, sagte der Sprecher der Wirtschaftsverwaltung, Christoph Lang. Ein Gutachter ermittle derzeit die Höhe der „gerechtfertigten Kosten“. Das Ergebnis dieser Prüfung solle dann die Grundlage für die Entscheidung sein, in welchem Umfang die Sportverwaltung weitere Kosten übernehmen müsse, teilte Staatssekretär Volkmar Strauch mit.

Von einer Kostenübernahme will man in der Sportverwaltung im Augenblick aber nichts wissen. Darüber müsse man „in Ruhe“ sprechen, erklärte Thomas John, der Sprecher von Sportsenator Klaus Böger (SPD). Böger habe vor dem Abriss der Eissporthalle nur einen vergleichbaren neuen Standort gefordert; die Deutschlandhalle hätte es nicht sein müssen. Für die Deutschlandhalle hätten sich die Messe und die Wirtschaftsverwaltung eingesetzt.

Die Deutschlandhalle war 1997 wegen angeblicher Baufälligkeit geschlossen worden und sollte abgerissen werden. Die große Halle sollte aber auch keine Konkurrenz zu den nach 1990 gebauten neuen Hallen sein, deren Betrieb der Senat in private Hände gelegt hat. Zudem war geplant, in Spandau eine neue Mehrzweckhalle zu bauen, und mit der Anschutz-Arena am Ostbahnhof entstand ein weiteres Hallenprojekt als Konkurrenz.

Da war für die in die Jahre gekommene Deutschlandhalle kein Platz mehr. Der damalige CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hatten gegen den Abriss nichts einzuwenden. Sie gehöre nicht zur „West-Berliner Identität“, erklärte er im Sommer 2000. Und auch der damalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) kritisierte die durch Säulen verdeckte Sicht in der Halle und die überalterte Technik. Noch 1985 hatte er sich „ein Berlin ohne Deutschlandhalle nicht vorstellen“ können und sie mit der Symbiose von Paris und dem Eiffelturm, von New York und der Freiheitsstatue und von London und dem Wembleystadion verglichen.

Das Wembleystadion ist inzwischen abgerissen. Doch für die Deutschlandhalle kam die Wende. Der Messe war die alte Eissporthalle im Weg, weil dort der neue Südeingang zu den Messehallen entstehen sollte. Und die Spandauer Hallenpläne waren auch nicht vorangekommen. Dort sollten unter anderem die Spiele der Berlin Capitals in der höchsten deutschen Eishockey-Spielklasse stattfinden, die bisher in der Eissporthalle Jafféstraße zu Hause waren. So kam es zum Comeback der Deutschlandhalle. Dabei stand sie nur noch, weil der Senat damals kein Geld für den Abriss auftreiben konnte. Er war mit rund 4,5 Millionen Euro veranschlagt.

Jetzt investierten Messe und Senat 4,6 Millionen Euro in den Umbau der Halle für den Eissport. Im Sommer 2002 begann das zweite Leben der Deutschlandhalle. Die Messe erhielt als Zuschuss exakt den Betrag, den sie zuvor auch für die kleinere Eissporthalle erhalten hatte, die nun platt gemacht wurde. Die exakten Kosten habe man erst jetzt ermitteln können, sagte Lang.

Einen dicken Strich durch die Rechnung hatten auch die Capitals gemacht. Sie gingen in der Zwischenzeit pleite und spielen nun – bei Platz für 8764 Zuschauer – in der Regionalliga. Immerhin kommen rund 2000 Zuschauern pro Spiel, doch die Capitals bringen damit natürlich viel weniger Geld in die Kassen als veranschlagt. Genutzt wird die Eisfläche außerdem vom Schul- und Vereinssport.

Das endgültige Ende der Deutschlandhalle könnte kommen, wenn die Pläne der Anschutz-Gruppe am Ostbahnhof verwirklicht werden. Die moderne Mehrzweckhalle, umgeben von einem neuen Stadtquartier, könnte ab dem Frühjahr entstehen. Letzte strittige Fragen wurden jetzt geklärt. Dann ginge es der Deutschlandhalle wie einst dem Sportpalast an der Potsdamer Straße in Schöneberg. Er war der Konkurrenz der 1957 wiederaufgebauten Deutschlandhalle nicht gewachsen und wurde dem Erdboden gleichgemacht. Nicht wenige trauern ihm heute noch nach.

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