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Berlin: Die rot-grüne City West könnte wieder schwarz werden

In Charlottenburg-Wilmersdorf ist das Rennen der großen Parteien offen. Allein die PDS hat es im Herzen des ehemaligen West-Berlins schwer

Von Cay Dobberke

Früher waren die politischen Verhältnisse in der City West noch klar: Charlottenburg wurde lange Rot-Grün regiert, wenngleich die CDU zuletzt stark aufholte. Und Wilmersdorf war traditionell eine „schwarze“ Hochburg. Dort erzielte die CDU in einzelnen Wahllokalen sogar Rekordergebnisse von mehr als 70 Prozent. Doch im fusionierten Bezirk scheint das Rennen jetzt völlig offen.

Am häufigsten streiten sich die Politiker um Bauprojekte in Charlottenburg, wo viel geplant wird, aber auch vieles stockt. So ruhen die Bauarbeiten für das Zoofenster-Hochhaus gegenüber dem Bahnhof Zoo, und der Umbau von Haus Cumberland am Kurfürstendamm zum Luxushotel ist vorerst geplatzt. Unklar bleibt die Zukunft des Stuttgarter Platzes. Zwar wurde dort auf Druck der Bürgerinitiative ein Hochhausprojekt gestoppt, nicht aber der geplante Umbau des S-Bahnhofs Charlottenburg, über den der Bezirk auch gar nicht selbst entscheiden kann. SPD, Grüne und PDS lehnen das Vorhaben in fast allen Punkten ab, während die CDU lediglich bestimmte Details kritisiert.

Für Touristen ist der Bezirk dank des Kurfürstendamms, des Schlosses Charlottenburg und des Funkturms einer der Hauptanziehungspunkte in Berlin. Hier gibt es auch stadtweit die meisten Einzelhandelsläden. In sozialer Hinsicht geht es den Bürgern vergleichsweise gut. Das durchschnittliche Haushalts-Nettoeinkommen beträgt rund 1575 Euro pro Monat – gut 100 Euro mehr als im Gesamt-Berliner Durchschnitt. Die Arbeitslosenquote (14 Prozent) und der Anteil von Sozialhilfeempfängern (6,2 Prozent) sind geringer als in den meisten anderen Bezirken. Die Villenkolonie Grunewald gehört zu den teuersten Wohnlagen der Stadt. Dazu kommen viele gutbürgerliche Gegenden: Eichkamp, Westend, die Umgebung des idyllischen Lietzensees und Schmargendorf. Deutlich weniger wohlhabend ist die Mehrzahl der Bewohner von Charlottenburg-Nord, wo viele Zuwanderer leben. Diese Gegend gehört aber nicht zum Wahlkreis. Die Nord-Charlottenburger werden zusammen mit den Spandauern abstimmen. 1998 waren sie mit Tiergartenern und Weddingern an die Urnen gegangen.

Damals hatte die SPD in Charlottenburg und Wilmersdorf deutlich geführt. Sie bekam 43,3 Prozent der Erststimmen und 36,1 Prozent der Zweitstimmen. Die Christdemokraten fielen auf 33,4 Prozent der Erst- und 29,4 Prozent der Zweitstimmen zurück. Dagegen hatte die CDU 1994 noch einen Vorsprung von 6,3 Prozent gegenüber der SPD.

Gewechselt haben auch die Mehrheiten in der Bezirksverordnetenversammlung. Bei den Wahlen im vorigen Jahr überflügelte die SPD die CDU und konnte zusammen mit den Grünen ihre Bürgermeisterin Monika Thiemen ins Amt bringen. Im Rennen ums Direktmandat haben jetzt wohl nur Petra Merkel (SPD) und Siegfried Helias (CDU) eine Chance. Für den FDP-Kandidaten Günter Rexrodt hatten 1998 nur 9,1 Prozent votiert. Rexrodt muss dennoch nicht um seinen Wiedereinzug in den Bundestag bangen, mit Platz 1 auf der FDP-Landesliste ist er gut abgesichert. Einen schweren Stand hat die PDS im Herzen des ehemaligen Westteils der Stadt. Das Ergebnis bei den Erst- und Zweitstimmen vor vier Jahren beweist es: 1,7 beziehungsweise 2,4 Prozent.

In unserer Serie über die Wahlkreise und ihre Direktkandidaten erschienen bislang Beiträge über den Wahlkreis 80 (1. September), 82 (2. September), 78 (3. September) und 79 (4. September).

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