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Aufschub. Zumindest die Flugzeugfans von Tegel dürfte die geplatzte Eröffnung erfreuen. Sie sind den Fliegern weiter ganz nahe. Foto:dpa

© dpa

Berlin: Die Straße des Helden

In Schönefeld erinnert jetzt eine Allee an den Flugkapitän der „Landshut“ Jürgen Schumann wurde 1977 bei der Entführung der Maschine erschossen.

„Das würde ihm gefallen“, sagt Gabriele von Lutzau, als sie zum ersten Mal über die Straße fährt, die jetzt seinen Namen trägt. Die Jürgen-Schumann-Allee ist frisch asphaltiert, hat vier Spuren und führt am Flughafen Schönefeld entlang. Jürgen Schumann war der Flugkapitän der Lufthansa-Maschine „Landshut“, die im Jahr 1977 von einem palästinensischen Terrorkommando entführt wurde. Bei einem Zwischenstopp in Aden im Süd-Jemen erschoss der Anführer der Terroristen Schumann. Der Kopilot flog weiter nach Mogadischu in Somalia, wo die GSG 9 die 87 Insassen der Maschine befreite.

Fast 35 Jahre später treffen sie sich wieder, die Überlebenden der Geiselnahme, und feiern ihren getöteten Helden. Kopilot Jürgen Vietor, Stewardess Gabriele von Lutzau, einige Passagiere der Landshut, die Witwe des Flugkapitäns und ein zweiter Held, General Ulrich K. Wegner, der damalige Einsatzleiter der GSG 9.

Man trifft sich nicht zum ersten Mal, es wird viel gelacht, Geschichten von den Enkelkindern machen die Runde. Gabriele von Lutzau mag nicht mehr viel von damals erzählen. Nach der Entführung kündigte sie bei der Lufthansa, konzentrierte sich aufs Familienleben und später auf die Kunst. Gerade läuft eine Ausstellung mit Skulpturen von ihr im Bundestag.

Kopilot Vietor, inzwischen 69 Jahre alt, hat sich eine Boeing 737 ans Revers geheftet, der gleiche Typ wie die Landshut. Er steht auf der Schumann-Allee, fotografiert das Straßenschild und sagt ganz leise: „Ein großer Tag.“ Vietor ist der Fliegerei treu geblieben, solange die Lufthansa ihn ließ. Wie er sich damals gefühlt hat? Es fällt ihm schwer, dafür Worte zu finden. Die permanente Todesdrohung – die PLO-Terroristen deuteten das Logo seiner Junghans-Uhr als jüdisches Symbol – nutzte sich in den fünf Tagen der Entführung langsam ab. Wichtiger war, die Klimaanlage der Boeing am Laufen zu halten. „Es waren ja bis zu 50 Grad im Flugzeug.“ Die an ihre Sitze gefesselten Passagiere hätten es viel schwerer gehabt als die Crew.

Eigentlich habe er instinktiv alles so gemacht wie im Lufthansa-Schulungsfilm „Hijacking“ beschrieben, sagt Vietor. Nur die Frage, ob man Nachrichten nach draußen schmuggeln soll, hätten die Filmemacher übersehen. Mit Schumann habe er damals darüber geredet und ihm abgeraten. Der Flugkapitän tat es trotzdem. Er verriet den Behörden, wie viele Terroristen in der Maschine sind und versuchte zu verhandeln. Schumann ahnte, dass sie ihn dafür töten würden.

Da erscheint es angemessen, die „längste und mächtigste Verbindungsstraße am neuen Flughafen“ (Bürgermeister Haase) nach Jürgen Schumann zu benennen. Die Straße führt zum Lufthansa-Stützpunkt in Schönefeld, kann aber erst voll ausgebaut werden, wenn der alte Flughafen geschlossen ist. Deshalb ist auch sie von der geplatzten Eröffnung betroffen. Lufthansa-Vorstand Spohr legte etwas Süffisanz in seine Stimme und wandte sich an den anwesenden Flughafen-Vertreter. „Wir drücken Ihnen allen die Daumen.“Thomas Loy

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