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Berlin: Die Tonne soll auf den Müll

Die BSR will Bio-Abfall nicht mehr getrennt sammeln. Umweltschützer finden den Plan absurd. Ein Pro & Contra

Die Biotonne ist ein Auslaufmodell – zumindest, wenn es nach dem Willen der Berliner Stadtreinigung geht. Schon im Sommer 2003 könnten die braunen Behälter wieder von den Höfen verschwinden, die die Müllwerker erst 1996 eingeführt hatten. Inzwischen stehen in Berlin fast 80 000 Stück von ihnen und schlucken jedes Jahr 53 000 Tonnen Bioabfall. Doch der Aufwand sei zu teuer, argumentiert die BSR. Allein die zusätzlichen Behälter, die Extra-Abfuhrtouren und die Verwertung verursachten 20 Prozent mehr Kosten als die Entsorgung des Restmülls, und dies wirke sich auch auf die Gebühren für die Restmülltonnen aus. Hier zahlen die Kunden mehr und subventionieren so den Abtransport des Biogutes – der wiederum politisch gewollt nur die Hälfte des Restmülls kostet. Das sind zum Beispiel für die 120-Liter-Biotonne im Quartal rund 18 Euro bei zweiwöchentlicher Leerung.

Auch Umweltsenator Peter Strieder (SPD) mag die braunen Tonnen nicht mehr und beruft sich auf die Stimmungslage der Berliner. Die würden sie nämlich auch nicht mögen. „Die Behälter ziehen Tiere auf die Hinterhöfe, die man da vorher nicht kannte", sagt Strieder. Außerdem seien die Tonnen häufig mit nichtbiologischen Abfällen verunreinigt, weil sie die Kunden nicht akzeptierten. Noch habe seine Verwaltung keine Entscheidung getroffen. Man prüfe das BSR-Konzept.

Aber sollte sich Berlin wirklich von den Biotonnen verabschieden, werde man trotzdem nicht auf die Trennung des Biomülls vom Restmüll verzichten, verspricht der Umweltsenator. Allerdings nicht mehr in den Privatwohnungen, sondern in zentralen Sortieranlagen. Denn der feuchte organische Abfall kann nur schwer verbrannt werden, weshalb man ihn vom Rest trennen muss.

Die umweltpolitische Sprecherin der Berliner Grünenfraktion, Felicitas Kubala, nennt die Abkehr von der Biotonne „absurd“: „Es ist doch Unsinn, den organischen Abfall, den die Bürger jetzt flächendeckend aus dem Müll herausholen, wieder hineinzutun, um ihn dann wieder zentral zu trennen.“ Auch die Aktivisten des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) halten die Biotonne für erhaltenswert. Ohne Vorbehandlung des Mülls – und den plant die BSR in ihrem Entsorgungskonzept nicht – sei eine Trennung der Bestandteile nur sehr schwer möglich, sagt Gudrun Pinn, Abfallexpertin des BUND. Man müsse den Biomüll aus dem Abfall herausholen und dann kompostieren oder, besser, zu Biogas vergären. Das sei allemal ökologischer, als ihn zu verfeuern.

Allerdings sehen auch Umweltexperten die problematischen Seiten der Biotonne. Gerade in den Innenstadtbereichen der Metropolen haben die Biotonnen überall mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Denn sie enthalten vor allem die Küchenabfälle, die Ratten und Insekten anlocken und bei der Verrottung sehr schnell unangenehmen Geruch verbreiten. Und im Gegensatz zu den Außenbezirken einer Großstadt, wo mehr unproblematische Gartenabfälle in die Biotonnen wandern, ist der Anteil von Küchenabfällen in der Innenstadt sehr hoch.

Manche Städte lassen in den Sommermonaten den Bioabfall wöchentlich abfahren, um die bei warmem Wetter zunehmende Belästigung durch Gestank und Ungeziefer in den Griff zu bekommen.

Der Boom der Biotonnen ist jedenfalls vorbei. Nachdem in den 90er Jahre in vielen Städten und Regionen Deutschlands die getrennte Sammlung von organischem Abfall eingeführt worden war, planen jetzt immer mehr Entsorger deren Abschaffung, so in Aachen oder Zittau. Der Hauptgrund ist immer derselbe: Die Biotonne sei unwirtschaftlich.

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