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Berlin: Die Tram sieht rot: Bummeltouren trotz Investitionen

36 Millionen Euro wurden in die Ampeln gesteckt Doch die Verkehrslenkung bremst die Bahnen aus

Die Straßenbahn ist an vielen Stellen zur Schleichbahn geworden. Und das, obwohl der Senat, der Bund und die BVG bereits rund 36 Millionen Euro in Ampelanlagen investiert haben, die der Tram freie Fahrt schaffen sollen. Von 299 Anlagen, die von Bahnen passiert werden, sind 284 umgebaut. Doch zahlreiche Anlagen sind zum Teil seit mehr als einem Jahr außer Betrieb – auf Anordnung der Verkehrslenkung Berlin, einer Behörde des Senats. Um den gesamten Verkehr optimal fließen lassen zu können, müsse die Straßenbahn auch mal „hinten anstehen“, heißt es dort.

Besonders langsam kommt die Straßenbahn derzeit auf der Strecke von der Bösebrücke in Prenzlauer Berg über die Osloer und die Seestraße zum Virchow-Klinikum voran. Von 24 Ampelanlagen, die der Tram Vorrang einräumen können, seien derzeit nur 12 in Betrieb, sagte BVG-Straßenbahndirektor Klaus-Dietrich Matschke gestern. Die anderen Anlagen laufen nach einem starren „Festzeitprogramm“ und wechseln ihre Phasen unabhängig vom Verkehrsaufkommen.

Seit der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2006 wird die Tram hier gebremst und verspätet sich bei fast jeder Fahrt um mehrere Minuten. Zur WM sollte vor allem der Autoverkehr fließen, und nun begründet die Verkehrsverwaltung das Ausbremsen der Tram mit dem Umleitungsverkehr wegen des gesperrten Flughafentunnels der Stadtautobahn. Gestoppt wird die Tram auf diesem Abschnitt aber auch an Fußgängerüberwegen – selbst dann, wenn weit und breit kein Mensch zu sehen ist.

Auch an vielen anderen Strecken in der Stadt gebe es solche Probleme, sagte Matschke; etwa im Bereich der Friedrichstraße oder in Hellersdorf. Von der Abfahrtshaltestelle am Kupfergraben bis zur Friedrichstraße sind die Bahnen bis zu neun Minuten unterwegs; mit der früher funktionierenden Vorrangschaltung war die kurze Strecke in drei bis vier Minuten zu schaffen.

„Extrem schlecht“ laufe in Berlin auch der Baustellenverkehr, sagte Matschke weiter. Obwohl auch hier spezielle Vorrangschaltungen für die Tram möglich seien, würden sie meist gar nicht oder erst lange nach Beginn der Arbeiten eingerichtet, sagte Matschke. Damit sei die BVG „überhaupt nicht einverstanden“. Ein weiteres Problem seien technische Störungen. Sind in die Fahrbahn eingebaute Schleifen defekt, die den Autoverkehr messen und dessen Daten in der Vorrangschaltung für die Tram berücksichtigt werden, könne es ein Vierteljahr bis zur Reparatur dauern. Statt der störanfälligen Schleifen in der Fahrbahn sollen in Zukunft verstärkt Kameras die Verkehrsdaten liefern.

Nach Angaben von Petra Rohland, der Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung, werden die Vorrangschaltungen nur bei Großveranstaltungen oder an Baustellen, zu denen auch der Flughafentunnel Tegel gehöre, abgeschaltet. Straßenbahnfahrer kennen aber auch Stellen, wo einfach „vergessen“ worden sei, die Anlagen anschließend wieder einzuschalten.

Die Verkehrsexpertin der Grünen, Claudia Hämmerling, forderte den Senat auf, „intelligente Technik nicht durch unintelligente Prioritätensetzung zu blockieren“. Dass die teure Technik von einer Senatsbehörde abgestellt werde, sei „ein Fall für den Rechnungshof“.

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