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Berlin: Die Vereinten Nationen tanzen in Kreuzberg

Der achte Karneval der Kulturen könnte rekordverdächtig werden: 108 Gruppen, 4200 Teilnehmer – und dazu mehr als 600000 Zuschauer. Wir zeigen, wo es langgeht

TÄNZER, TROMMELN UND TAMTAM: DER KARNEVAL DER KULTUREN KOMMT

Was ein echter Kölner Jeck ist, lässt sich so eine Gelegenheit natürlich nicht entgehen: Karneval, noch dazu im Frühsommer – das kann nur eine ausgelassene Party ergeben. Das dachten sich Jochen Fischer und seine Truppe „Kölsch Jemölsch“ und meldeten sich wieder einmal an für den kommenden Sonntag. Dann startet zum achten Mal der Umzug des Karnevals der Kulturen in den Straßen von Kreuzberg. Und „Kölsch Jemölsch“ sind wieder dabei.

Die Truppe ist eine der Keimzellen des Kölner Alternativ-Karnevals und stellt den Elferrat der Stunksitzung. Vom ganzen historischen Ballast rheinischen Karnevals völlig unbelastet kann die Gruppe dann in Berlin dabei sein – dem größten Karnevalsumzug außerhalb der närrischen Saison. Rund 600000 Gäste erwarten die Veranstalter aus der Neuköllner „Werkstatt der Kulturen“, wenn sich am Pfingstsonntag ab 12.30 Uhr der bunte Zug der rund 4200 Teilnehmer in 108 Gruppen in Bewegung setzt. Was das Wetter angeht, ist Anett Szabó vom Organisationsstab auch optimistisch: „Die Vorhersage sieht ganz gut aus, es soll ein bisschen kühler werden, eventuell kommt mal ein Schauer herunter, aber sonst soll es trocken bleiben.“

Da hätten die Teilnehmer ja wieder einmal etwas Glück. Denn das Wetter hatte den Teilnehmern und Zuschauern in den beiden letzten Jahren den Spaß ein wenig verhagelt. Vor allem 2002 war es es eine harte Geduldsprobe: Dauerregen bei 20 Grad. Im Jahr davor war es zwar weitgehend trocken, aber eisig kalt – mehr als 15 Grad gab es nicht. Doch der Karneval lockte beide Male mehrere hunderttausend Zuschauer auf die Straße – Berlin ist auf dem besten Weg zur Karnevalshochburg.

Gutes Wetter ist aber auch für die Veranstalter wichtig, schließlich wollen sie ja in guter Erinnerung bleiben – vor allem bei den Gruppen, die das erste Mal dabei sind. Zum Beispiel die Folklore-Tanzgruppe Pónaschemu, die es nicht so weit hat. Sie kommt aus Cottbus. Aber sie wird die wendische Kultur nach Kreuzberg bringen, und wollen mit ihren Trachten und Tänzen und dafür werben, dass die Kultur lebendig bleibt und ihre Geschichte ehrlich aufgearbeitet wird. Neu ist auch eine Gruppe aus Ungarn und eine Combo mit Teilnehmern aus Schottland, Frankreich und der Schweiz, die Verkleidungen zeigen, die an Reptilien oder Roboter-Mutanten erinnern. Schwarzeneggers „Terminator“ lässt grüßen. Den weitesten Weg zum Karneval in Kreuzberg, die eigens deshalb kommen, haben eine Gruppe Togolesen und eine Karneval-Gruppe von der Karibik-Insel Aruba.

Aus allen Gegenden der Welt zeigen die Teilnehmer Traditionelles oder Modernes: Eine polynesische Gruppe tanzt zur Südseemelodie und zeigt, wie sich Maoris in Neuseeland begrüßen. Künstler mit australischen Didgeridoos sind dabei, die auf das Didgeridoo-Festival eine Woche später auf der Spandauer Zitadelle aufmerksam machen wollen, außerdem Mexikaner mit Mariacchi-Musik, und Finnen, die Väinämöinen vorstellen wollen, die Hauptfigur aus dem Nationalepos Kalevala. Kurden zeigen ihre Volkstänze, es gibt senegalesische Löwentänze, peruanische Folklore und balinesische Prozessionsmusik. Und natürlich sind wieder die Fachleute in Sachen Straßenkarneval dabei: Brasilianer mit viel Samba, gruppenweise Tänzer und Musiker aus der Karibik – von Trinidad bis Kuba und die Kenner aus Köln. Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.

Vielleicht doch. Anett Szabó bittet alle darum, mit Bussen und Bahnen zum Spektakel anzureisen. Die Straßen werden rund um die Paradestrecke weiträumig abgesperrt und sind auch wegen des nahen Straßenfests zum Karneval zusätzlich blockiert. Also: Auto stehen lassen – die U-Bahn-Linie 7 verbindet alle wichtigen Stationen der Paradestrecke miteinander.

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