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Berlin: Die Vergewaltigung im Affekt glaubte dem Täter niemand

Mucksmäuschenstill war es am Mittwoch im Saal 500 des Berliner Landgerichts, als der Vorsitzende Richter das Urteil gegen Kurt L. verkündete.

Mucksmäuschenstill war es am Mittwoch im Saal 500 des Berliner Landgerichts, als der Vorsitzende Richter das Urteil gegen Kurt L. verkündete. Lebenslänglich wegen Mordes in Tateinheit mit versuchter Vergewaltigung, lautete das Verdikt gegen den Mann, der im Oktober vergangenen Jahres die 29-jährige Stella G. getötet hat. Dafür, dass er das Gefängnis wahrscheinlich nicht mehr lebend verlassen wird, nahm Kurt L. das Urteil sehr gelassen auf. Vielleicht wusste er nicht, dass die "besondere Schwere der Schuld", die ihm die Kammer attestierte, eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ausschließt.

Kurt L. hatte Stella G. in der Neuköllner Kneipe "Dilemma" kennen gelernt, wo sie als Kellnerin jobbte. Die lebenslustige junge Frau hatte erst wenige Monate zuvor erfahren, dass sie unter Multipler Sklerose litt. Der wegen Raubes und Vergewaltigung vorbestrafte L., der erst kurz zuvor aus der Haft entlassen worden war, wurde ihr Vertrauter, ihr väterlicher Freund. Ihre Mutter, die den eigenbrötlerischen und wortkargen 51-Jährigen merkwürdig fand, fragte ihre Tochter, ob sie eine sexuelle Beziehung zu dem Mann unterhalte. "Um Gottes willen, nein!", versicherte Stella G. "Er ist wie mein zweiter Daddy." Dass der vermeintlich väterliche Freund der hübschen jungen Frau gegenüber ganz andere Gefühle hegte, sah sie nicht. Kurt L. wurde immer wieder von Freunden ermahnt: "Das Mädchen will nichts von dir." Dafür wusste er um so genauer, was er von ihr wollte: "Die werde ich ficken", soll er häufig geprahlt haben.

Am 31.Oktober 1999 wollte Stella G. zu einer Halloween-Party in ihre Stammkneipe. Kurt L. wollte sie begleiten und bat sie, ihn zu Hause abzuholen. Als sie am Abend um 19.30 Uhr in seine Wohnung kam, fiel er über sie her, zerfetzte ihre Kleidung und würgte sie, bis sie reglos liegenblieb.

Für den Richter ein glatter Mord. Weil L. zur Befriedigung seines Geschlechtstriebes handelte. "Der Angeklagte vergewaltigte Stella G., weil er anders nicht zum Zuge kam", führte er in der Urteilsbegründung aus. Der Angeklagte sei der jungen Frau viel zu alt und zu still gewesen.

Kurt L. , der noch bei seiner polizeilichen Vernehmung behauptet hatte, er habe eine Beziehung mit Stella G. geführt und ihr Tod sei ein Unfall und auf allzu heftige Liebesspiele zurückzuführen, erkannte rasch, dass diese Version ihm niemand im Gerichtssaal glaubte. Deshalb ließ er am vorletzten Prozesstag eine Erklärung verlesen, in der er die Vergewaltigung einräumte und den Tod der jungen Frau als Affekttat darstellte. "Es" sei so über ihn gekommen. Kurt L. hatte auch Verständnis dafür gezeigt, dass er nun bestraft werden müsse und kundgetan, dass er auch eine Strafe von zwölf Jahren akzeptieren würde. Anschließend wolle er ins Kloster gehen. Damit erreichte er, dass die Freunde und Angehörigen der Ermordeten kurz auflachten. Es war ein bitteres, freudloses Lachen.

Die Kammer glaubte ihm die Affekttat nicht und ging in der Urteilsbegründung davon aus, dass er die Vergewaltigung geplant habe. Die besondere Schwere der Schuld, so die Urteilsbegründung weiter, bestehe darin, dass Stella G. Kurt L. absolut vertraut habe und völlig arglos gewesen sei. Schuldmildernde Umstände konnte die Kammer indes nicht feststellen.

Peter Murakami

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