zum Hauptinhalt

Berlin: Die Wahl in den Bezirken (8): Alles neu in Neukölln

Neukölln. Nach Wahlkampfthemen brauchen die Bezirkspolitiker hier nicht lange zu suchen.

Neukölln. Nach Wahlkampfthemen brauchen die Bezirkspolitiker hier nicht lange zu suchen. Industriebetriebe, die traditionell den Bezirk geprägt haben, schließen - Kleingewerbe und Einzelhandel leiden. Es gibt viel zu wenig Arbeit für eine vor allem im Nordosten des Bezirks multinationale Bevölkerungsmischung. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger ist eine der höchsten in ganz Berlin. Ein Hintergrund, vor dem die Parteien allen Grund haben, für die kommende Wahl um Vertrauen zu werben.

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Umfragen/Prognosen: Wenn in Berlin am Sonntag gewählt würde... Frage des Tages: Die fünf Spitzenkandidaten zu ihren politischen Absichten Umfrage: Gehen Sie am Sonntag wählen? Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Video-Streams: Diskussion mit den Spitzenkandidaten Dabei müssen die Christdemokraten fürchten, die absolute Mehrheit ihrer derzeit noch 31 Sitze in der 55 Mitglieder umfassenden Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu verlieren. Die SPD, jetzt nur mit 15 Sitzen vertreten, kann auf größeres politisches Gewicht auch bei der Verteilung von Bürgermeister- und Stadtratsposten hoffen. Für die kleinen Parteien, allen voran die Grünen, die mit derzeit 5 Sitzen, neben PDS und REP mit jeweils 2 Sitzen, die stärkste Fraktion stellen, geht es um die Möglichkeiten als Zünglein an der Waage. Dabei setzt die CDU nach dem überraschenden Rückzug des amtierenden Bezirksbürgermeisters Bodo Manegold mit ihrer neuen Spitzenkandidatin Stefanie Vogelsang auf Kompetenz in einem der problematischsten Bereiche der vergangenen Wahlperiode. Der Politologin, die sich von 1995 bis 1999 als Neuköllner Sozialstadträtin profilierte, werden selbst von Neuköllner Sozialdemokraten Erfolge bei der Leitung des damals noch größten Sozialamts der Republik bescheinigt. Der amtierende Sozialstadtrat Dietrich Schippel (CDU) hatte das Ansehen seiner Partei dagegen wegen skandalöser Zustände im Sozialamt - liegengebliebene Akten, hohe Krankenstände unter den Mitarbeitern - schwer belastet. Unter der Devise "Hilfeempfänger fördern und fordern", will Vogelsang nun aufräumen.

Vom sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Heinz Buschkowsky sind solche Töne nicht zu hören. Dabei ist der gebürtige Neuköllner, der von 1991 bis 1992 bereits Bezirksbürgermeister war, ganz und gar nicht von der zart besaiteten Sorte. Seine Erfahrung als Lokalpolitiker hat es ihm in der BVV schon ermöglicht, die mit absoluter Mehrheit vertretene CDU aus dem Konzept zu bringen. Buschkowsky wird innerhalb der SPD eher dem konservativen Flügel zugerechnet. Gegen die umstrittenen Überwachungskameras auf den Fluren des Sozialamts etwa hat er im Prinzip nichts einzuwenden. Die dortigen Zustände hält er indes für organisatorisch so verfahren, dass nur noch das Gutachten einer externen Beratungsfirma Klarheit schaffen kann, warum der Krankenstand unter den Mitarbeitern und der Stress in den Warteschlangen derart eskaliert sind.

Aufschlussreich sind auch die Positionen zum Thema Sicherheit. Immer wieder hat die CDU in den vergangenen Monaten eine Umzäunung der Hasenheide zum Schutz gegen Drogenkriminalität ins Gespräch gebracht. Die Diskussion kann als Steckenpferd des eher konservativen Flügels der tief gespaltenen CDU-Fraktion gelten, unter dessen Kritik auch Manegold zu leiden hatte. Stefanie Vogelsang betont nun, dass sich die Bürger in der Hasenheide künftig sicher fühlen sollen, hält sich aber, was die umstrittenen Zaunpläne angeht, eher bedeckt. Überhaupt nicht in Frage kommt so etwas für den Sozialdemokraten Buschkowsky. Mehr Ordnungskräfte, zur Not auch Verhaftungen bei kleineren Drogendelikten, ja, gar öffentliches Grün einzäunen? "Nicht mit mir", lautet seine Ansage.

Das Gewicht sozialdemokratischer Positionen in der BVV könnte in Zukunft allerdings auch von der Zustimmung der grünen Fraktion abhängen. Und die wirft der SPD vor, diese habe sich in der vergangenen Wahlperiode ausgesprochen konservativ gezeigt. Welche Bedeutung Buschkowsky den Grünen nun einräumt, zeigt sein Urteil über deren neue Spitzenkandidatin, Gabriele Vonnekold. Mit der 1952 geborenen Britzerin, die 1979 die Alternative Liste in Neukölln mitgegründet hat, setzen die Grünen für die kommende Wahlperiode stärker auf Kenntnis der lokalen Probleme. Buschkowsky macht keinen Hehl daraus, dass er sich eine politische Zusammenarbeit mit Vonnekold besser vorstellen kann als mit der bisherigen Fraktionsvorsitzenden Petra Wojciechowski.

Ole Töns

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false