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Berlin: Diebstahl mit Risiken und Nebenwirkungen

Apothekenangestellte klaute Potenzpillen und Schlankmacher für 120 000 Euro – um nach Herzenslust Markenkleidung einzukaufen

Ihre Kunden wollten hier und da mit pharmazeutischen Mitteln an ihrer Männlichkeit arbeiten, für die Angeklagte ging es um die eigene Kaufkraft. „Ich war besessen davon, Markenklamotten zu haben, ich wollte schöner leben“, sagte Manuela K. gestern vor dem Amtsgericht Tiergarten.

Dort saß die Blondine im edel wirkenden schwarzen Hosenanzug und mit einem Taschentuch in der Hand. Die 27-Jährige hat als Angestellte einer Zehlendorfer Apotheke jahrelang verschreibungspflichtige Medikamente gestohlen und an vier Männer verkauft. Sie verursachte einen Schaden von rund 120 000 Euro.

Manuela K. saß an der Quelle. Als pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte habe sie sich mit dem Einkauf befasst, sagte die Angeklagte. Die krummen Touren begannen mit der Bitte eines Freundes. Heimlich besorgte sie ihm das gewünschte Medikament. Er kam wieder, weihte auch drei seiner Bekannten ein. „So entwickelte sich das mit dem Verkaufen“, gestand die Angeklagte.

Heimlich bestellte sie die Medikamente bei Großhändlern. Auf ihrer Liste standen Anabolika, Potenzpräparate und Schlankmacher. Ihre Chefin war arglos. „Sie war wie eine Mutter zu mir“, schluchzte Manuela K. Man war ihr erst auf die Schliche gekommen, als in der Apotheke mit einem Computer und einem speziellen Programm gearbeitet wurde. „Was wäre passiert, wenn sich jemand tot gespritzt hätte?“, fragte der Richter. Die Angeklagte sagte, ihr seien die Risiken bekannt gewesen. „Aber ich bin nicht auf den Gedanken gekommen, den Leuten deshalb nichts zu verkaufen.“

Den Verkauf der Pillen auf eigene Rechnung habe sie damals als „Chance“ angesehen, meinte die Frau. „Ich hatte Freunde mit viel Geld, ich wollte auf dem Limit mitschweben.“ Sie verdiente im Monat 900 Euro, ihr „Nebenverdienst“ brachte etwa 2500 Euro im Monat. „Ich habe eingekauft, bin viel Taxi gefahren, leistete mir eine teure Wohnung.“ Auch ihren arbeitslosen Freund brachte sie „kleidungsmäßig auf den Standard“.

Inzwischen ist für die Angeklagte die Diagnose klar: Kaufsucht. Seit einigen Monaten sei sie deshalb auch in Therapie. Mit ihrer früheren Chefin hat sie über die Rückzahlung des angerichteten Schadens gesprochen und die Schuld anerkannt.

Wegen Diebstahls in 120 Fällen verhängte das Gericht eine Bewährungsstrafe von 22 Monaten gegen die jetzige Büroangestellte. Außerdem wurde sie verpflichtet, monatlich mindestens 150 Euro an ihre Ex-Chefin zu zahlen.

Kerstin Gehrke

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