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Berlin: Dienstgespräch mit Faustschlag – Eklat bei der Polizei

Leiter einer WM-Spezialeinheit soll Untergebenen verletzt haben. Opfer und Zeuge wurden versetzt

Von Frank Jansen

Die Berliner Polizei gilt als raue Truppe. Doch was sich in der Nacht zum 2. Mai abgespielt haben soll, regt selbst hartgesottene Beamte auf. Nach Informationen des Tagesspiegels steht der Chef einer eigens für die Fußballweltmeisterschaft aufgestellten Spezialeinheit, Polizeioberrat Achim W., in Verdacht, er habe in einem Befehlswagen einem Untergebenen einen wuchtigen Faustschlag versetzt. Das mutmaßliche Opfer, Polizeihauptkommissar Axel B., ließ sich noch am 2. Mai von einem Arzt untersuchen. Die Diagnose: Auf dem rechten Oberarm war eine zehn mal zehn Zentimeter große Prellung zu erkennen. Der Arzt bescheinigte B., die Verletzung entspreche dem Muster eines Faustschlags. Danach erstattete B. am Abend des 2. Mai beim Landeskriminalamt Strafanzeige gegen den Vorgesetzten. Seitdem ermittelt die zuständige LKA-Abteilung 341. Der Tatvorwurf lautet: Körperverletzung im Amt.

Der Vorfall erhält nun vor der Fußballweltmeisterschaft zusätzliche Brisanz durch die besondere Stellung des Tatverdächtigen. Achim W. ist Landeseinsatztrainer und leitet seit April die von der Berliner Polizei für die WM aufgestellte Interventionstruppe „LKA 633 Aufklärung und Intervention“. In der im Januar installierten Spezialeinheit sind 90 Beamte zusammengefasst, die während der Spiele in Berlin Ausschreitungen von Hooligans vorbeugen sollen. Axel B., ein Polizist mit viel Erfahrung aus schwierigen Einsätzen, wurde den Interventionskräften als führender Beamter zugeteilt. Nach dem Eklat vom 2. Mai berieten Polizeipräsident Dieter Glietsch, LKA–Chef Peter-Michael Haeberer und weitere Spitzen der Polizei, welche Konsequenzen zu ziehen seien. Glietsch traf dann eine Entscheidung, die offenbar reichlich Verbitterung in der Einheit ausgelöst hat.

Der unter Tatverdacht stehende Polizeioberrat Achim W. blieb Leiter der Interventionstruppe, das mutmaßliche Opfer Axel B. hingegen musste die Einheit verlassen. Abgelöst wurde auch der Stellvertreter von Achim W., Polizeihauptkommissar Thomas G. Er war Zeuge des Vorfalls und wird im Umfeld von Polizeipräsident Glietsch als Drahtzieher einer Intrige vermutet. Thomas G. war zunächst selbst als Chef der Interventionskräfte vorgesehen, galt aber wegen zweier kleiner Disziplinarverfahren als riskante Besetzung. Deshalb wurde ihm Polizeioberrat Achim W. als Leiter der Einheit vor die Nase gesetzt. In der Polizei kursiert nun das Gerücht, Thomas G. könnte Axel B. animiert haben, einen „kleinen Klaps“ auf den Arm als Körperverletzung zu dramatisieren. Womöglich habe sich Axel B. sogar selbst auf den Arm geschlagen, bevor er zum Arzt ging. Andere Stimmen in der Polizei halten solche Verschwörungstheorien für abwegig. Was den Schlag oder „Klaps“ ausgelöst hat, ist allerdings unklar. Möglicherweise gab es zuvor eine verbale Auseinandersetzung zwischen Achim W. und Axel B. im Zusammenhang mit den Einsätzen der Polizei am 1. Mai.

Achim W., Axel B. und Thomas G. waren für den Tagesspiegel nicht zu erreichen. Axel B. ist wegen der starken nervlichen Belastung, der er seit dem 2. Mai ausgesetzt ist, krankgeschrieben. Präsident Glietsch gab gestern nur eine knappe Stellungnahme ab. Unabhängig vom konkreten Sachverhalt lasse sich nur sagen: Wenn jede Strafanzeige gegen einen Vorgesetzten dazu führen würde, dass dieser abgelöst wird, „könnten sich Mitarbeiter auf unanständige, aber einfache Weise von Führungskräften trennen, die ihre Aufgabe ernst nehmen und sich damit nicht nur Freunde machen“. Deshalb müsse in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden, ob personelle Konsequenzen zu ziehen sind. Glietsch: „Dies ist auch im vorliegenden Fall geschehen.“ Ein Beamter, der namentlich nicht genannt werden möchte, äußert sich hingegen drastisch: „Die Sache stinkt zum Himmel.“

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