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Holger Rupprecht (SPD) hat Grund zur Sorge. Die unangemeldete Urlaubsfahrt mit einem Dienstwagen könnte den brandenburgischen Bildungsminister das Amt kosten.

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Update

Dienstwagenaffäre: Für Rupprecht wird es eng

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat ein Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsverdachts eingeleitet, die Lehrergewerkschaft rät zum Rücktritt. Die unangemeldete Fahrt mit einem Luxuswagen könnte den brandenburgischen Bildungsminister Holger Rupprecht ins Aus befördern.

In der Dienstwagenaffäre hängt das politische Schicksal des brandenburgischen Bildungsministers Holger Rupprecht (SPD) am seidenen Faden. Am Montag teilte die Staatsanwaltschaft Neuruppin mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Rupprecht eingeleitet wurde. Der Vorwurf: Vorteilsnahme im Amt. Rupprecht hatte die private Nutzung eines neuen Dienstwagens nicht vorschriftsmäßig angemeldet.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hält vorerst an dem 58-Jährigen fest, nachdem sich dieser für den Gratistest eines 100.000 Euro teuren BMW im österreichischen Skiurlaub öffentlich entschuldigt und dies eine „Blödheit“ genannt hat. Aber nun legt ihm selbst die Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Rücktritt nahe, und zwar unabhängig von den bevorstehenden Ermittlungen der Neuruppiner Korruptions-Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsnahme. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie er mit einer solchen Belastung die Interessen des Bildungswesens noch vertreten will, die Hütte brennt“, sagte Landeschef Günther Fuchs am Sonntag dem Tagesspiegel. „Er hat eine Schwächung des Ressorts zu verantworten. Er sollte jetzt mit sich selbst in Klausur gehen.“ Dass Rupprecht im Dezember „noch nach der Speer-Affäre“ den Urlaubstrip nach Österreich mit dem geliehenen Luxus-BMW gemacht habe, sei „mehr als eine Eselei“. Es zeuge von einem „Entrücktsein“, und das in Zeiten, wo Beamte auf ihr Weihnachtsgeld verzichten mussten, viele Lehrer Klassenfahrten privat bezahlten. „Die Leute haben die Nase voll.“ Er spannte den Bogen zum Rotstift im Bildungswesen, wo 2012 – erstmals – 28 Millionen Euro eingespart werden sollen. Und der Dienstherr, so Fuchs, „predigt Wasser und trinkt Wein“.

Zugleich wachsen in der rot-roten Koalition die Sorgen, dass, wie jüngst bei Ex-Innenminister Rainer Speer, wieder eine Affäre wochenlang Negativschlagzeilen produziert und etwa die von Platzeck gerade angestoßene Debatte zum Umbau Brandenburgs bis 2030 überlagert. Für die Opposition, die seinen Rücktritt verlangt, ist mit Korruptionsermittlungen gegen den Minister die Grenze ohnehin überschritten. Als Dienstherr von rund 20 000 Lehrern, als Verantwortlicher für 250 000 Schüler sei dies unausweichlich, heißt es bei CDU, FDP und Grünen.

Einige Hintergründe der Affäre, wegen der Platzeck nun die Dienstwagenrichtlinie der Regierung verschärfen will, sind zudem trotz der Rupprecht-Beichte unklar. Als Beweggrund für den getesteten Oberklasse-BMW hatte er angegeben, dass er viel unterwegs sei, aus Sicherheitsgründen ein Allradfahrzeug anschaffen wolle. In der Dienstwagenflotte der 20 Minister und Staatssekretäre Potsdams fahren bereits sechs Allradwagen, allerdings andere Marken mit schwächerer Motorisierung.

Platzeck steckt im Dilemma. Mit Rupprecht verlöre er nach Speer und der „Superministerin“ Jutta Lieske seit Beginn der Legislatur das dritte SPD-Kabinettsmitglied. Und die Personaldecke ist extrem dünn. Bildungsexpertin und Vizeparteichefin Klara Geywitz, die Rupprecht ersetzen könnte, wird gerade Mutter von Zwillingen. Infrage käme auch Wissenschaftsstaatsekretär Martin Gorholt, der früher Bildungsstaatssekretär war und jede Schule im Land kennt. Ein Wechsel würde jedoch Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) schwächen. Platzeck ist auch für Überraschungscoups gut. In der Not könnte seine Wahl auch auf GEW-Chef Günther Fuchs selbst fallen. (mit dpa)

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