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Berlin: Dieter Sauberzweig über die Idee des Hauptstadtkulturfonds und die ersten mit Naumann-Geld geförderten Projekte

Dieter Sauberzweig, Kulturmanager, ist seit September 1999 Kurator des von Bundeskulturminister Michael Naumann geschaffenen Hauptstadtkulturfonds, mit dem Projekte gefördert werden sollen, die sich unter den aktuellen Berliner Haushalts-bedingungen nicht realisieren ließen. Der am 17.

Dieter Sauberzweig, Kulturmanager, ist seit September 1999 Kurator des von Bundeskulturminister Michael Naumann geschaffenen Hauptstadtkulturfonds, mit dem Projekte gefördert werden sollen, die sich unter den aktuellen Berliner Haushalts-bedingungen nicht realisieren ließen. Der am 17. November 1925 in Frankfurt/Oder geborene SPD-Politiker arbeitete nach einem Geschichts-, Psychologie und Philosophiestudium ab 1953 war nach Stationen bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes. 1966 wechselte er zum und dem Deutschen Städtetag von 1977 bis 1981 Berliner Kultursenator. Später leitete er das Deutsche Institut für Urbanistik. . Im Berliner Senat von Dietrich Stobbe übernahm der SPD-Politiker ab 1977 das Amt des Kultursenators, der erstmals ein eigenes Ressort erhielt. In seine Amtszeit fällt unter anderem die Vorbereitung der Preußen-Ausstellung und der Bau der Schaubühne. In seinen Publikationen wie "Bildungsreform und Stadtkultur" (1978) fühlt sich Sauberzweig Hilmar Hoffmanns Motto "Kultur für alle" verpflichtet. Mit Dieter Sauberzweig sprach Das Gespräch führte Frederik Hanssen.

Seit September 1999 sind Sie Kurator des Hauptstadtkulturfonds. Man möchte meinen, Sie müssten der glücklichste Kulturermöglicher Deutschlands sein...

Ich hoffe, man wird eines Tages sagen können, dass es mir gelungen ist, die Erwartung umzusetzen, die an den Hauptstadtkulturfonds geknüpft wurden. Im Augenblick ist die Situation allerdings noch schwierig. Zum einen sind sich Bund und Berlin nicht einig, ob aus der Summe von 100 Millionen, die Michael Naumann für die Hauptstadtkulturfinanzierung bereitstellt, nun 20 Millionen oder nur 15 Millionen für den Fonds zur Verfügung stehen sollen. Zum anderen ist meine Handlungsfreiheit dadurch stark eingeschränkt, dass 2000 bereits fünf Millionen Mark im voraus verplant waren, und zwar zum Beispiel für das Berliner Theatertreffen und für Peter Steins "Faust"-Projekt. Es kann aber kaum der Sinn der Fonds-Idee sein, dass langfristig Gelder gebunden werden für Vorhaben, die sonst in keinen Fördertopf passen. Schließlich ist der Zweck des Fonds seine Beweglichkeit. Er soll die Möglichkeit schaffen, auf Entwicklungen schnell reagieren zu können. Das muss sich 2001 ändern.

Hat Ihnen Naumann gesagt, dass Summen bereits gebunden sind, als er Sie berief?

Gewusst habe ich nur von Steins "Faust", das andere habe ich hinterher feststellen müssen. Nun kommt es darauf an, dass die 20 Millionen ab 2001 wirklich zur Verfügung stehen. Wir werden nämlich bereits mit Anträgen überhäuft: In der ersten Beratungsrunde 1999 konnten wir fünf Millionen Mark auf 34 Anträge verteilen, jetzt liegen bereits wieder 57 Anträge vor, mit einem Antragsvolumen von insgesamt 30 Millionen. Das wird eng.

Wer Subventionen zu verteilen hat, macht sich unbeliebt, wenn das Geld nicht für alle reicht. Warum machen Sie den Job trotzdem?

Ich habe mich nicht beworben. Aber als sowohl der Bund wie auch Berlin bei mir anklopften, habe ich mich entschieden, die Zeit des Ruhestandes doch noch einmal um ein paar Jahre zu verschieben. Denn es liegen enorme Möglichkeiten in diesem Fonds. So etwas gab es noch nie. Wenn er richtig funktioniert, kann er ein Bindeglied zwischen den Leuchttürmen und der Off-Kultur werden. Außerdem schien mir die Realisierung der Fondsidee in Gefahr, wenn sich nicht schnell jemand darum kümmerte. Offiziell habe ich derzeit nicht einmal einen Auftrag, weil meine Arbeitsgrundlage, nämlich der neue Hauptstadtkulturtvertrag, noch immer nicht unterschrieben ist. Alle unsere Beratungen machen wir also im Vorgriff auf diese Entscheidung. Nur so können wir sicherstellen, dass die Projekte nicht schon vorbei sind, ehe über die Anträge entschieden werden kann.

Sie entscheiden nicht alleine...

Nein, der Rat der Künste, in dem sich die Berliner Kulturinstitutionen zusammengeschlossen haben, entsendet fünf Personen in einen Beirat, der mich in künstlerischen Fragen berät. Mit dem Ergebnis gehe ich dann in den gemeinsamen Ausschuss, der sich aus je zwei Vertretern von Bund und Berlin zusammensetzt, und unterbreite dort meine Vorschläge. Bei allem werde ich von einer sehr gut arbeitenden Geschäftsstelle bei der Kulturverwaltung unterstützt.

Riecht das nicht ein bisschen nach Lobbyismus, wenn der Rat der Künste selber die Personen benennt, die Ihnen bei der Geldvergabe an die Berliner Institutionen hilft?

Man kann darüber diskutieren, ob es nicht besser gewesen wäre, fünf unabhängige Persönlichkeiten zusätzlich zu den Institutionsvertretern zu berufen. Andererseits hat der Rat der Künste bereits vor der Schaffung des Naumann-Ministeriums die frühere Kulturabteilung des Bundesinnenministeriums beraten sollen, was nie funktionierte. Der Rat fühlte sich immer im Vorzimmer sitzen gelassen, nicht in seiner Kompetenz ernst genommen. Darum ist er jetzt sehr erleichtert, dass ein neues System geschaffen wurde, das die direkte Beteiligung des Rats ermöglicht. Was die Gefahr des Lobbyismus betrifft, so habe ich keine Befürchtungen. Wenn ein Beiratsmitglied zu einseitig für ein bestimmtes Projekt eintreten würde, gäbe es im Beirat gewiss Korrekturen. Die bisherigen Beratungen waren sehr objektiv.

Also eine Art freiwillige Selbstkontrolle...

Genau. Außerdem sehen unsere Beratungs-Bestimmungen vor, dass Beiratsmitglieder, die direkt oder indirekt an einem Antrag beteiligt sind, den Raum verlasen müssen, wenn Ihr Projekt diskutiert wird.

Jeder, der Kultur in Berlin produziert, kann bei Ihnen einen Antrag stellen. Also könnte beispielsweise auch die Staatsoper anklopfen, wenn sie für die Alte-Musik-Produktionen kein Geld mehr übrig hat?

Theoretisch ja, aber bis jetzt ist das noch nicht vorgekommen. Die Unterstützung der großen Institutionen kann auch nicht Aufgabe des Fonds sein. Wir bekommen allerdings Projekte der Berliner Fetspiele oder des Hauses der Kulturen der Welt, deren eigener Veranstaltungsetat nicht ausreicht, um alles zu finanzieren, was sie gerne veranstalten wollen, um das Haus in Bewegung zu halten. Großen Bedarf gibt es auch bei der Tanzfabrik oder dem Hebbel-Theater.

In welcher finanziellen Größenordung bewegen sich denn die Anträge?

Es kann um 20 000 Mark gehen, aber auch um mehrere Millionen, vor allem bei Ausstellungsprojekten. Die ganz große Anträge können wir allerdings gar nicht aufgreifen, wenn wir, wie in diesem Jahr, überhaupt nur über zehn Millionen Mark disponible Mittel verfügen. Da bleibt dann nur die Möglichkeit, Lottomittel zu beantragen.

auf die allerdings die neue Kultursenatorin bereits ein Auge geworfen hat, weil sie Mittel braucht, um die Löcher in Ihrem Etat zu stopfen. Da könnte sie auch schnell auf die Idee verfallen, den Hauptstadtkulturfonds für Ihre Zwecke zu vereinnahmen...

Haushaltslöcher zu stopfen war nie die Intention dieses Fonds. Es geht doch darum, mit dem Geld den Austausch zwischen Berlin und der internationalen Kulturszene anzuregen, immer unter dem Aspekt der Haupstadtfunktion.

Für welche Projekte habe Sie sich bis jetzt entschieden?

Natürlich stehen alle unsere Entscheidungen unter Vorbehalt, so lange der Hauptstadtkulturvertrag nicht unterschrieben, ist, aber einige Beispiele kann ich nennen: Da ist zum einen die Zeitgenössische Oper. Eine solche Gruppe kann interessante Akzente setzen - ohne dass wir deswegen gleich ein viertes Opernhaus in der Stadt etablieren wollen, wie es sich deren Leiter Andreas Rocholl erträumt. Im Bereich des Tanzes wollen wir die "Tanznacht 2000" im Hebbel-Theater unterstützen. Dann haben wir die Akademie der Künste auf unserer Liste, auch eine Institution, die ihre Veranstaltungen nicht aus dem laufenden Etat voll finanzieren kann. Sie erhält Unterstützung für ein Projekt, das "Emigration und Rückkehr" heißt. Dabei geht es um die Anfänge des deutschen Rundfunks nach 1945. Die Ausstellung will zeigen, in welchem Umfang Exilanten, die zum Teil als Kulturoffiziere nach Deutschland zurückkamen, die neuen Rundfunkanstalten gefördert haben.

Unter den kleineren Projekten könnte ich das "Sandmannprojekt" der Theatergruppe um Hans Ulrich Jäckel nennen, die E.T.A. Hoffmanns Novelle szenisch umsetzen und dabei auch den Wohnort des Dichters in Berlin mit einbeziehen will. Ein großes Vorhaben des Hauses der Kulturen der Welt werden wir 2000 mit einer Anschubfinanzierung von 1,3 Millionen Mark unterstützen. Unter dem Titel "Schwarz-Rot-Gelb" sollen sich bei einem Festival die Kulturen Afrikas, Südamerikas und Asiens begegnen.

Dann haben wir noch ein Projekt des Museumspädagogischen Dienstes ausgewählt, das sich "Zeit-Reise" nennt. Dahinter verbirgt sich eine Ausstellung, die das Problem der Zeit für Jugendliche und Kinder sichtbar machen will. Schließlich werden wir 2000 mit einer kleineren Summe den Verband der Grafikdesigner bei der Ausstellung "Die 100 besten Plakate" unterstützen und den "Freunden Guter Musik" die Fortsetzung ihres Projekts "Musikwerke Bildender Künstler" im Hamburger Bahnhof ermöglichen.

Was wäre Ihrer Meinung nach noch verbesserungwürdig an der Fondsidee?

Ich würde gerne eine kleinere Summe für ein "Werkstattprogramm" reservieren, das für solche Projekte gedacht ist, die wirklich Neuland betreten. Damit könnten wir die Entwicklung einer besonders ausgefallenen Projektidee "anfördern". Ich halte es für sehr wichtig, bewusst ein Risiko eingehen zu können, die Möglichkeit einzukalkulieren, dass eine gute Idee auch scheitern kann.

Seit September 1999 sind Sie Kurator des Hauptstad

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