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Flüchtlingskinder im ehemaligen Flughafen Tempelhof.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Dilek Kolat besucht Flüchtlingsunterkunft: Süßes und Saures in Tempelhof

Die Lage in der Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof ist für viele katastrophal. Nun kam Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat zu Besuch.

Von Sandra Dassler

Die Fotos, auf denen Berlins Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat (SPD), am zweiten Feiertag Schokoladen-Weihnachtsmänner an Flüchtlingskinder verteilt, waren so nicht geplant. Sagt jedenfalls ihr Sprecher Oliver Fey. „Frau Kolat wollte mit ihrem schon traditionellen Feiertagsbesuch als Arbeitssenatorin in erster Linie die Mitarbeiter der Tamaja GmbH würdigen, die die Notunterkunft für Flüchtlinge im ehemaligen Flughafen Tempelhof betreibt – und natürlich auch die vielen freiwilligen Helfer dort. Aber die Kinder haben die mitgebrachten Süßigkeiten sofort entdeckt.“

Offener Brief an den Regierenden Bürgermeister

Ob geplant oder nicht – der Ort des diesjährigen „Feiertagsbesuchs“ war jedenfalls bewusst gewählt, auch angesichts der massiven Kritik, die es nach wie vor an der Notunterkunft mit mehr als 2000 Menschen gibt. Nicht nur der Bezirk Tempelhof-Schöneberg und Flüchtlingsorganisationen hatten die Zustände in den Hangars scharf kritisiert, auch mehrere grüne Bundestagsabgeordnete wie Renate Künast, Özcan Mutlu und Hans-Christian Ströbele warnten in einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor einem weiteren Ausbau der Notunterkunft. Unterschrieben hat den Brief auch die Berliner Abgeordnete Canan Bayram, die mehrfach die Hangars besucht hat.

Dilek Kolat ist seit 2011 Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen.
Dilek Kolat ist seit 2011 Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen.

© Mike Wolff

„Da werden nicht mal die Minimalstandards der Unterbringung eingehalten“, sagte sie am Sonnabend dem Tagesspiegel: „Es gibt keine Privatsphäre, wenn sich jemand umziehen will, müssen die anderen das Zelt verlassen. Die sanitären Anlagen funktionieren nicht, gerade für für Familien ist die Situation unerträglich. Da ist es – vor allem auch für eine Integrationssenatorin – einfach viel zu wenig, mal eben an Weihnachten Schokolade an die Kinder zu verteilen.“

Deutschkurse schon seit 2014

Die Senatorin widerspricht dem vehement. „Die Integration der Flüchtlinge ist mein vorrangiges Ziel“, sagt sie: „Ich habe mich zum Beispiel sehr gefreut, auch hier in Tempelhof auf die von meiner Verwaltung initiierten und unterstützten Integrationslotsen zu treffen. Außerdem habe ich erst kürzlich meinen Zehn-Punkte-Plan zur Integration von Flüchtlingen vorgestellt, die Steuerungsgruppe Arbeitsmarktintegration schiebt zahlreiche Initiativen an, die Jobcenter bereiten sich intensiv vor, die Volkshochschulen bieten schon seit 2014 Deutschkurse an, Broschüren in vielen Sprachen informieren über die Angebote.“

Offensichtlich konzentriere sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit derzeit aber noch immer vor allem auf die Unterbringung von Flüchtlingen, sagt Dilek Kolat. Selbst über Arrivo, die Ausbildungs- und Berufsinitiative zur Integration von geflüchteten Menschen in den Berliner Arbeitsmarkt, würde wenig berichtet. „Und das, obwohl Arrivo überregional und sogar international als Vorbild hohe Anerkennung findet.“

Die schäbigste Behausung von Berlin

Natürlich sei das alles wichtig, sagt Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin. Aber zuerst ginge es um eine menschenwürdige Unterkunft: „Integration hat zwei Bestandteile: Arbeit und Wohnung. Deshalb wäre es auch Frau Kolats Job, dafür zu werben, dass mehr geeignete Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stehen und sie sich nicht in Tempelhof mit zwei Quadratmetern begnügen müssen. Der ehemalige Flughafen ist die schäbigste Behausung in ganz Berlin.“

Duschinseln mit Toiletten

Auch das sieht Dilek Kolat differenzierter. Selbst wenn die Lage dort angesichts der vielen Menschen schwierig sei, habe es sie positiv überrascht, wie viel sich in den vergangenen Tagen verbessert habe. Nicht nur, dass das Personal sehr engagiert sei, auch die medizinische Versorgung habe sich verbessert. Auch würde man bei den Familien im Hangar 2 immer mehr Zeltunterkünfte durch kleine Wohneinheiten mit eigenen Duschinseln, zu denen auch Toiletten gehörten, ersetzen. Zudem entstünden viel mehr sanitäre Einrichtungen im inneren Bereich. „Und gerade für die Kinder sind die geheizten Hangars nicht schlecht. Sie haben eine relativ große Fläche zum Herumtoben. Und ein liebevoll eingerichtetes Zimmer mit viel Spielzeug.“

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