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Berlin: Dinos wandern in die Kiste

So schlappe 150 Millionen Jahre haben seine Knochen gehalten. Eigentlich dürfte diesen Saurier nichts mehr erschüttern.

So schlappe 150 Millionen Jahre haben seine Knochen gehalten. Eigentlich dürfte diesen Saurier nichts mehr erschüttern. Doch in den nächsten Wochen und Monaten geht es ihm ans Skelett. Der größte ausgestellte Saurier der Welt, ganzer Stolz des Naturkundemuseums an der Invalidenstraße, wird zerlegt.

Die Saurierhalle macht wegen Umbaus und Renovierung voraussichtlich Ende Februar für zwei Jahre dicht. Die genauen Termine und technischen Einzelheiten will das Museum in der nächsten Woche bekannt geben. Sicher ist, dass der vor bald 100 Jahren entdeckte Brachiosaurus Brancai, der außerdem zu Ehren seines Präparators und Aufstellers den Namen Janensch trägt, vom Sockel muss. Auch deshalb, weil er seit Jahrzehnten – nach dem Krieg wurde er 1952 wieder aufgestellt – außerordentlich unbequem steht. Mit solchen O-Beinen ist damals in seiner Heimat Ostafrika kein Dino herumgelaufen. Die Beine standen wohl überhaupt etwas anders, weniger seitlich, mehr unterm Körper. Und den langen Schwanz zog er nicht wie eine Kette hinter sich her, sondern ließ ihn vermutlich elegant in der Schwebe.

In Berlin steht Saurier Janensch auch deshalb so verkrampft, weil ihm der Platz fehlt, sich in voller Höhe zu strecken. Gut 16 Meter hoch könnte er sein, aber hier muss er sich auf knapp zwölf Metern ducken. Da lassen sich die Vorderbeine nicht durchdrücken. Noch steht der Sockel zu hoch, hängt die Decke zu tief.

In Werbung und Film sind Saurierskelette ein beliebtes Thema: Da wird mal versehentlich ein Knöchelchen entfernt, schon kracht die kunstvolle Konstruktion zusammen – der Alptraum jedes Naturkundemuseums. Für die Schönheitsoperation wird hier aber mit Akribie vorgegangen: Hunderte Einzelteile, bis zu 300 Kilo schwere Knochen, müssen vom stählenden Korsett, mit dem sie verschraubt sind, getrennt werden. Dann wird präpariert, nummeriert, in Kisten verpackt und gelagert. Das Museum kündigt bereits Führungen über die Baustelle an.

Besucher könnten beim Abbau auch anderer kleinerer Saurier zuschauen, in Multimediavorstellungen wolle man zeigen, wie sorgsam mit dem Riesen-Dino umgegangen wird. Noch thront er stolz in der Saurierhalle. „Geh’ nicht so nah ran“, mahnen Eltern ihre Kinder. „Der beißt und frisst dich.“ Der kleine Dinokopf oben scheint zu grinsen. Auf diversen Tafeln ist zu lesen, dass er ein Pflanzenfresser war.

Christian van Lessen

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