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Ihm wurde die Doktorarbeit aberkannt: Der Berliner CDU-Fraktionschef Florian Graf

© dpa

Diskussion um Plagiate: „Hobby-Doktoranden sollten gar nicht mehr promovieren“

Nebenbei zum Doktortitel? Das geht nicht, meint Potsdams Unipräsident Oliver Günther. Nach der Plagiatsaffäre des Berliner CDU-Fraktionschefs Graf will er die Zahl der Dissertationen bundesweit reduzieren.

Der Präsident der Universität Potsdam Oliver Günther sagt klipp und klar: „Hobby-Doktoranden ohne wirkliches wissenschaftliches Interesse sollten einfach gar nicht mehr promovieren.“ Nach der Plagiatsaffäre um den Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Florian Graf hat Günther im Gespräch mit dem Tagesspiegel vorgeschlagen, die Zahl der Doktoranden bundesweit zu reduzieren. Aus seiner Sicht sollte künftig nur den Doktortitel anstreben, wer sich einige Jahre ausschließlich seiner Promotion widme und ein „Faustisches Erkenntnisinteresse“ habe, also die Forschung voranbringen wolle.

„Nebenberuflich etwas wissenschaftlich Innovatives hervorzubringen, schaffen nur absolute Ausnahmeerscheinungen“, sagte Günther. Auch schwache Doktorarbeiten, die in der Forschung nicht weiter zur Kenntnis genommen würden, verschwendeten volkswirtschaftlich gesehen Ressourcen.

Fotostrecke: Diese Prominenten wurden beim Abschreiben erwischt:

Die Uni Potsdam entzog Graf am Mittwoch den Doktortitel, nachdem er selbst darum gebeten hatte. Als Grund gab Graf anfangs „wissenschaftliche Mängel“ an, später auch Plagiate. Thema der vor eineinhalb Jahren eingereichten Arbeit war die Entwicklung der CDU in der Opposition nach dem abrupten Ende der Großen Koalition. Ob er auch Graf für einen „Hobby-Doktoranden“ halte und wie er den akademischen Gehalt von dessen Arbeit einschätze, wollte Günther nicht sagen. Prinzipiell lasse sich eine zeitaufwändige politische Arbeit wie bei Graf oder Karl-Theodor zu Guttenberg aber nicht mit einer Promotion vereinbaren.

Wowereit warnt vor pauschalen Verurteilungen

Die Arbeit von Graf, die am Donnerstag kurz öffentlich zugänglich war, hat die Unibibliothek laut Günther jetzt wieder gesperrt. Da Graf der Doktorgrad entzogen sei, gelte sie nicht mehr als Promotion, sondern als Privatschrift. Es sei jetzt Grafs Sache, ob die Arbeit künftig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Fotogalerie: Rückblick auf die Plagiatsaffäre des Karl-Theodor zu Guttenberg:

Schon nach der Promotion Grafs war die Arbeit lange Zeit gesperrt gewesen. Günther verteidigte diese Sperre. Graf hatte sie beantragt, weil er Teile der Arbeit in einer Fachzeitschrift veröffentlichen wollte. Die anvisierte „Zeitschrift für Parlamentsfragen“ hielt die Sperre allerdings gar nicht für erforderlich. Trotzdem ist das Verfahren laut Günther „nicht unüblich.“ Man könne ja nicht ausschließen, dass sich der Autor kurzfristig für eine andere Zeitschrift entscheide, die eine Publikationssperre dann einfordere.

Aus Sicht des Unipräsidenten hat Potsdam kein besonderes Problem mit seinen Doktoranden, „so ärgerlich der Fall auch ist.“ Ob sich Graf an noch mehr als an den von ihm bekannt gegebenen vier Stellen bei anderen Autoren bediente, werde die weitere Prüfung der Arbeit zeigen. Günther sieht aber keinen Grund zur Annahme, dass Graf hier die Unwahrheit sage. Die Universität will jetzt auch prüfen, weshalb die Täuschung nicht schon den Gutachtern der Arbeit auffiel. Oliver Günther will sich zudem dafür stark machen, dass Promotionen künftig flächendeckend an der Uni Potsdam mit einer Plagiatssoftware überprüft werden. Der Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat unterdessen vor einer pauschalen Verurteilung von Politikern gewarnt. In vielen anderen Berufen, beispielsweise im Journalismus, müssten ebenfalls Quellen ordentlich gekennzeichnet sein. Die Jagd nach Plagiaten sollte sich also nicht nur auf Politiker konzentrieren.

„Es ist eher eine Grundfrage, wie Doktorarbeiten zustande kommen und wie sie bewertet werden", sagte Wowereit. Die Plagiatsaffäre um den CDU-Fraktionschef Florian Graf betrachtet er als erledigt. Es sei gut, dass Graf offensiv damit umgegangen sei. Den Vorwurf, dass Plagiatsaffären vor allem ein Problem konservativer Parteien sind, teilt Wowereit nur eingeschränkt. „Das kann man immer nur solange sagen, wie sich das schwerpunktmäßig bei CDU und FDP abspielt.“ (mit dapd)

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