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Diskussionsveranstaltung: Künast auf schwierigem Terrain

Schwere Vorwürfe gegen die Grünen bei einer Diskussionsveranstaltung: Die Grünen würden ihren Beitrag zur "Öko-Diktatur" leisten, meint eine Sozialwissenschaftlerin.

Von Sabine Beikler

Ausgerechnet im „Haus von Liberalen aus Württemberg“, wie Hausherr Manfred Kurz die stilvolle Repräsentanz der Würth-Gruppe auf Schwanenwerder bezeichnete, prallten am Mittwochabend ideologische Weltsichten aufeinander. Wie sehen Freiheit und freiheitsgerechte Politik in Berlin aus? In der spannungsgeladenen Debatte gab es kaum einen gemeinsamen Nenner zwischen der grünen Spitzenkandidatin Renate Künast und Sozialwissenschaftlerin Ulrike Ackermann. Bei deren Bemerkung, die Grünen würden ihren Beitrag zur „Öko-Diktatur“ leisten, erstarrten Künasts Gesichtszüge.

Ackermann, Leiterin des John Stuart Mill Instituts an der privaten Hochschule SRH Heidelberg, setzt auf die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen. Die „liberale Tradition“ sei die Freiheit und Selbstverantwortung der Bürger. Sie wandte sich gegen den Paternalismus, gegen die Vorstellung vom Staat als gütiger Vater, der für Wohlstand seiner Kinder sorgt und alle Güter gerecht verteilt. Im Gegenzug nehmen die Bürger auch seine Wacht in Kauf. Ackermann bezeichnete das grüne Wahlprogramm als ein „ökologisches Umerziehungsprogramm“. Beratungsstellen sollten jeden Bürger auf den richtigen Weg lenken. Auf diesem „Weg der Besserung“ schubse der Staat den Bürger an. „Versorgt und gehegt soll er sich gesund und klimagerecht in seinem Kiez wohlfühlen.“ Sie zitierte aus einem Grünen-Programm und kritisierte die „unglaubliche Infantilisierung“.

Künast klärte sie in ruhigem Tonfall auf, dass die Zitate aus einem besonderen Programm stammen. Dieses trägt den Untertitel „in leichter Sprache“ und wurde nach Auskunft des Vereins „Lebenshilfe“ von 15 Menschen mit geistiger Behinderung nach Gesprächen mit den Grünen selbst geschrieben und konzipiert.

„Für eine Stadt wie Berlin“ sagte Künast „ist der Auftrag Freiheit“. Jeder Bürger habe Freiheitsrechte, die der Staat nicht antasten dürfe. Wirtschaftliche Entwicklung zum Beispiel sei ein Teil der Freiheit, aber unter Einbeziehung der Ökologie. Und der Staat müsse begründen, warum er eingreift, aber er müsse sehr wohl auch die Infrastruktur bereitstellen und Strukturen schaffen für die Teilhabe des Einzelnen. „Eine Bildungsoffensive hat nichts mit Paternalismus zu tun“, antwortete sie auf Ackermann. Die Grünen wollten nicht reglementieren, sondern den „informierten Bürger“ und den Blick auf eine lebenswerte Zukunft lenken. Auf den Vorwurf der „Öko-Diktatur“ ging sie nicht direkt ein.

Das Gros der 180 Zuhörer empfand die Diskussion als „interessant“. Eine Frau kritisierte, es sei viel über Freiheit gesprochen worden, „ohne Preise zu nennen“. Einem Gast war die Debatte zu „unkonkret“. Allzu viele Wählerstimmen dürfte Künast in diesem Kreis aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wohl nicht gewinnen.

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