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Berlin: Domäne Dahlem: Als Dragoner vor den Toren Berlins den Knollenacker bewachten

Friedrich der Große war ein Schlitzohr, und er kannte die Neugier seiner Berliner. Der König hatte es sich in den Kopf gesetzt, seine Preußen zu Kartoffelessern zu machen.

Friedrich der Große war ein Schlitzohr, und er kannte die Neugier seiner Berliner. Der König hatte es sich in den Kopf gesetzt, seine Preußen zu Kartoffelessern zu machen. Um sie von den Vorzügen der unbekannten Feldfrucht zu überzeugen, griff er in die Trickkiste. Er ließ vor den Stadttoren Berlins einen Knollenacker anlegen und von Dragonern bewachen. Die neugierigen Großstädter hielten das Bewachte für eine Kostbarkeit - und wollten es haben.

Doch auch Friedrich musste erst von den Vorteilen der südamerikanischen Knolle überzeugt werden, deren Karriere in Preußen vom 23. August bis zum 31. Dezember dieses Jahres in der Domäne Dahlem dokumentiert wird. Titel der Ausstellung: "Berlin - ein riesiger Bauch".

Im Markgrafentum Bayreuth hatte die Kartoffel als Nahrungsmittel bereits Fuß gefasst, bevor der Alte Fritz für sie warb. Hier residierte Wilhelmine, eine Schwester des Preußenherrschers und Gattin des Bayreuther Markgrafen. Während eines Besuches ihres Bruders ließ Wilhelmine auch Kartoffeln als schmackhafte Beilage zum Mahl kredenzen. "Die Markgräfin schwärmte, dass man mit der Feldfrucht große Volksmassen ernähren könne", sagt Barbara Kosler vom Kartoffelmuseum in München. Friedrich war begeistert und reist zurück nach Berlin mit dem festen Willen, es auch seinen Preußen schmackhaft zu machen.

Der König versuchte es zunächst mit warmen Worten, um die Bauern für die Erdäpfel zu begeistern. Seit 1744 ließ er Pflanzgut kostenlos verteilen, schickte Beamte durchs Land, die mit Pröbchen der schmackhaften Erdfrucht überzeugen sollten. Selbst der König reiste in Sachen Kartoffel-Marketing durch das Land. So oft es möglich war, verzehrte Friedrich bei seinen Inspektionsreisen Kartoffelgerichte.

In Schlesien aber erlitten die Knollen-Propagandisten zunächst eine Niederlage. Die königlichen Beamten priesen den Landwirten die Kartoffeln als nahrhafte Speise. Doch die probierten sie erst an ihren Hunden und Schweinen aus. Als diese die Erdäpfel verschmähten, war den Bauern klar: Das Zeug ist nichts für uns.

Ob all diese Geschichten wahr sind, ist nicht gesichert. Trotzdem hat die Kartoffel in Preußen auch ein historisch verbürgtes Datum: den 24. März 1756. Der Tag, an dem dem König der Geduldsfaden mit seinen renitenten Untertanen riss. Ab sofort wurde nicht mehr propagiert, sondern befohlen. In seinem berühmten Kartoffelbefehl ordnete er an, dass die Pächter auf den Staatsgütern die Kartoffeln anzubauen hätten.

"Man darf die Wirkung dieses Befehls nicht überschätzen", sagt Peter Lummel, Leiter der Domäne Dahlem. Die preußischen Bauern waren misstrauisch, wollten vom Getreide nicht lassen. Mussten sie auch nicht. Bei der damals praktizierten Dreifelderwirtschaft blieb immer ein Drittel des Ackers unbearbeitete Brache, damit sich der Boden erholen konnte. Auf dieser Brache sollte nun die Kartoffel gedeihen - "als Hackfrucht ein Bodenverbesserer", sagt Lummel. Den Bauern winkte ein zusätzlicher Ertrag - ein überzeugender Vorteil.

Trotzdem dauerte es bis Mitte des 19. Jahrhunderts, bis sich der Erdapfel durchgesetzt hatte. Bis dato gehörten Kartoffel-Gerichte zum Speiseplan der Oberschicht. Um 1850 war sie eine Allerweltsspeise. Pro Kopf aßen die Preußen 120 Kilogramm Kartoffeln im Jahr - 150 Jahre später sind es in Deutschland nur noch 70 Kilogramm.

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