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Systemumstellung: Doppeljahrgang: Schüler fühlen sich überfordert

Die Elfklässler in den gemischten Klassen müssen den Wissensvorsprung der Zwölftklässler aufholen und fühlen sich überfordert. Auch Eltern beklagen die problematische Mischung von Elf- und Zwölftklässlern bei der Systemumstellung.

Vier Wochen nach Schulbeginn melden sich aus den Gymnasien verstärkt Eltern und Schüler, um auf die Probleme des diesjährigen Doppeljahrgangs hinzuweisen: Vielerorts wächst die Befürchtung, dass die rund 10 000 Elftklässler benachteiligt werden, die jetzt zusammen mit den 10 000 Zwölftklässlern Kurse für das Abitur belegen müssen. Viele Schulen haben entschieden, die beiden Jahrgänge zu mischen, ohne dass die Lehrer überall auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler eingehen – so lautet der Vorwurf, der jetzt erhoben wird. Der Landeselternausschuss will ihm nachgehen.

Der Doppeljahrgang ist einmalig notwendig, um die Umstellung des Schulsystems von 13 auf zwölf Jahre zu vollziehen. „Viele Lehrer nehmen den Standard der Zwölftklässler als Maßstab, und die Elftklässler sollen es irgendwie aufholen“, berichtet der Steglitzer Gymnasiast Jérôme Lombard, der sich in der Landesschülervertretung engagiert. Die Defizite der Elftklässler würden nicht nur spürbar in Mathematik, sondern auch in Englisch, Latein und Französisch, weil der Wortschatz geringer sei und in Deutsch, weil bestimmte Bücher nicht gelesen seien.

Die Probleme kommen nicht unerwartet. Aus anderen Bundesländern, die bereits früher die Umstellung auf das Abitur nach zwölf Jahren abschlossen, war ebenfalls zu hören, dass Ungerechtigkeiten im Doppeljahrgang beklagt wurden. Obwohl es bei den Abiturergebnissen dann kaum Unterschiede gab, fühlten sich die jüngeren Schüler benachteiligt.

Auch in Berlin sehen viele Eltern die Entwicklung mit Sorge. „Die Jüngeren sind massiv unter Druck“, beklagt eine Elternvertreterin aus Friedenau. Die Schulleitungen hätten so viel zu tun mit der Organisation des neuen Schuljahres, dass die überforderten Elftklässler aus dem Blick gerieten. Immerhin handele es sich um 16-Jährige, die jetzt in Konkurrenz mit 17- und 18-Jährigen Kurse belegen müssten, die bereits für die Abiturnote relevant seien.

Die Schulen gehen mit den Herausforderungen offenbar sehr unterschiedlich um. Während einige Schulen ihren Lehrermangel zu kompensieren versuchen, indem sie ausgerechnet die Kurse im Doppeljahrgang vergrößern, kümmern sich andere Schulen verstärkt um diesen Jahrgang und „leisten“ sich hier absichtlich kleine Kurse. Die Bildungsverwaltung verweist auf die Möglichkeit, für die Elftklässler spezielle Stützkurse anzubieten, um beispielsweise Stoff in Mathematik nachzuarbeiten. In diesem Fach gibt es offenbar die größten Probleme, weil den sogenannten Turboabiturienten gegenüber den anderen Schülern ein ganzes Jahr Mathematik fehlt.

Ralf Treptow vom Verband der Oberstudiendirektoren warnt davor, die Probleme zu dramatisieren. „Die Schulen und die Verwaltung haben alles Erdenkliche getan, um den Doppeljahrgang gut zu organisieren“, gibt sich der Leiter des Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasiums überzeugt. Jetzt komme es darauf an, die Elftklässler zu unterstützen und ihnen nicht das Gefühl zu geben „hinterherzuhinken“. Vor allem lobt Treptow, dass die Verwaltung es den Gymnasien freigestellt hat, die Jahrgänge zu mischen oder eben nicht. Dadurch hätten die Schulen einen wichtigen Bewegungsspielraum behalten.

Landeselternsprecher Günter Peiritsch will den Klagen der Eltern und Schüler dennoch nachgehen. In den nächsten Tagen fragt er in den Schulen ab, wie der Doppeljahrgang funktioniert.

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