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Rechnung ohne den Wirt. Der drahtlose Zugang zum Netz in Cafés und Hotels kann zum Problem für die Besitzer werden – weil Gäste illegale Daten herunterladen.

© dpa

Drahtloses Internet: Die Abmahnung geht aufs Haus

In Jugendherbergen und Hotels gehört drahtloses Internet zum Service. Manche Gäste nutzen das zum illegalen Datentausch. Den Ärger hat der Wirt.

Ein Film hat Jörg Röcker 3000 Euro gekostet – dabei hat er ihn nicht einmal selbst gesehen. Röcker betreibt das Hostel "Backpacker" in Friedrichshain, Internetzugang für Gäste inklusive. Im Sommer 2010 dann bekam er Post von einem Anwalt. Jemand aus dem Hostel, so hieß es in dem Schreiben, habe Urheberrechte verletzt, als er den Film aus dem Internet lud. Bezahlen sollte Röcker. Schließlich war die Straftat auf seinen Anschluss zurückzuführen. Röcker reagierte sofort – und überwies die geforderte Summe. "Man kann sich wohl wehren", sagt er heute. Damals wusste er das nicht.

Der Fall des "Backpacker" ist keine Ausnahme. Erst kürzlich wurde bekannt, dass es in zwei Cafés, dem "Oberholz" in Mitte und dem "Provinz-Café" in Treptow, Ärger wegen Surfern gab, die illegal Musik heruntergeladen und geschützte Filme geschaut hatten. Viel gravierender ist das Problem jedoch dort, wo sich Gäste länger aufhalten: in Hotels und Jugendherbergen. So verzeichnet der Hotelverband Deutschland (IHA) "vermehrt Abmahnungen gegen Hotels wegen Urheberrechtsverletzungen, welche von Gästen begangen wurden". Hoteliers sprechen von einer regelrechten "Abmahnindustrie" durch spezialisierte Anwaltskanzleien. Den Betreiber eines Internetanschlusses erreicht dann ein Schreiben mit drei Forderungen: die abgemahnte Datei vom Rechner löschen, einen Schadensersatz zahlen und eine Unterlassungserklärung abgeben. Selbst wenn der Empfänger seine Unschuld nachweisen kann, bleibt er auf den Anwaltskosten sitzen – oft mehrere hundert Euro.

Von den Abmahnungen profitieren Internet-Service-Provider wie die Firma Hotsplots, die inzwischen das W-Lan im "Backpacker" betreibt. Jeder Gast muss sich nun im Hostel einen Papierschnipsel geben lassen, auf dem ein individueller Benutzername und ein Passwort stehen. Mit diesen Zugangsdaten meldet er sich vor dem Surfen auf der Plattform von Hotsplots an. Bei Verstößen taucht nun nicht mehr die IP-Adresse des Hostels auf, sondern die des Providers – und der ist bisher nicht im Visier der Abmahn-Kanzleien. Auf externe Anbieter setzen auch Luxushotels wie das "Grand Hyatt" am Potsdamer Platz. "Bisher hatten wir noch keinen Kontakt mit Anwälten", sagt Sprecherin Kerstin Riedel. Und auch die beauftragte Firma habe nichts Negatives über die Hotelgäste berichtet.

Wie gehen Betreiber mit dem Problem um? - Ähnlich wie die Nutzer: Sie ignorieren es.

Michael Rehberg, Geschäftsführer eines der A&O Hostels in Berlin, hat eine ganz andere Strategie im Umgang mit den Abmahnungen entwickelt: "Ich kümmere mich nicht darum, ich schmeiß das weg." Sein Motto: "lesen, Tonne, fertig". Dabei hatte er es in den letzten Jahren durchaus mit eifrigen Abmahnern zu tun, die versuchten, ihn zu einer Zahlung zu drängen. "Ich habe das hartnäckig genug ignoriert", sagt Rehberg. Seiner Meinung nach handelt es sich bei den Kanzleien um "Abzocker", die durch die schiere Masse der Abmahnungen Geld eintreiben wollen: "So nach dem Motto: Ich schick mal 47 Mahnschreiben, die Hälfte wird schon reagieren."

Doch Rehberg weiß auch: "Diese Abmahnvereine begeben sich auf dünnes Eis. Sobald man als Betreiber ein paar Grundregeln einhält, wird es für die schwierig vor Gericht." Tatsächlich ist es unklar, ob der Betreiber eines W-Lans für das haftet, was damit angerichtet wird. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Mai 2010 tut er das nämlich nur dann, wenn er den Anschluss unkontrolliert zur Verfügung stellt – diesen also gar nicht oder nur schlecht sichert.

Der Hotelverband empfiehlt deshalb den Herbergen, jedem Gast, der das Internet nutzt, ein eigenes Passwort zu geben. So könne man nachvollziehen, wer wann eingeloggt war. Hotelbetreiber sollten ihre Gäste außerdem dazu auffordern, sich mit den Nutzungsbedingungen einverstanden zu erklären. Darin müsse sich der Besucher unter anderem dazu verpflichten, das Passwort nicht weiterzugeben. Außerdem rät der Verband den Wirten, die Mahnungen auf keinen Fall einfach zu ignorieren.

Einige Hostels ergreifen Vorsichtsmaßnahmen, damit die Post der Abmahner gar nicht erst kommt. "Man kann nicht jedem Gast auf die Finger schauen", sagt Christian Naumann, Herbergsleiter der Deutschen Jugendherberge (DJH) in Mitte. Auch in seinem Haus kümmert sich eine externe Firma um das Datennetz und baut Sperren ein. Tauschbörsen wie BitTorrent, Ares und Gnutella können so gar nicht erst von Gästen aufgerufen werden. Dies sei jedoch kein hundertprozentiger Schutz, sagt ein Experte, "aber das wirkt wie ein Schloss vor einer Tür – und das muss erst mal geknackt werden".

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