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Berlin: Draußen kalt, drinnen lustig

3800 Besucher kamen in die Jurten des „Wintersalons“ – am Abschlusstag lasen Harald Martenstein und Stephan Lebert

Klirrende Kälte, verschneite Straßen – genau das richtige Drumherum für den dritten „Berliner Wintersalon“, der gestern zu Ende ging. In Scharen kamen die Berliner seit Donnerstag über den zugefrorenen Asphalt gerutscht und geschliddert, um dann schnell in eins der drei mongolischen Nomadenzelte im SonyCenter am Potsdamer Platz zu schlüpfen, in denen es mehr als 100 Lesungen gab. Rund 3800 Besucher kamen insgesamt zu diesem Literaturfestival, schätzten die Organisatoren am Sonntagabend.

30 Autoren hatte Programmchefin Britta Gansebohm für den Wintersalon eingeladen und dabei vor allem auf die Vielseitigkeit des Programms geachtet. Sonntagmorgen schallte erstmal lautes Gelächter durch die Zeltwände aus gepresster Schafwolle. Drinnen las Tagesspiegel-Autor Harald Martenstein aus seiner Kolumne „Lebenszeichen“, die in der Wochenzeitung „Die Zeit“ erscheint. In der molligen Wärme, die aus dem beharrlich surrenden Heizlüfter strömte, erklärte der Journalist seinen rund 30 Zuhörern zunächst, warum Berlin so klamm ist. Wissendes Gekicher begleitete seine Beschreibung der noch jungen Fahrkartenautomaten, die sich – wie es für junge Leute nunmal typisch ist – auch noch „sensibel, kompliziert und schnell beleidigt“ zeigten. Immer neue Alltagsgeschichten zog der Journalist aus seinem dicken Blätterstapel. Über seine Albträume vom Jüngsten Gericht, das ihn für seine ADAC-Mitgliedschaft zur Rechenschaft zieht, oder über die feinen Unterschiede zwischen „ultimativer Trendverletzung“ – das gebrochene Handgelenk seines Sohnes, zugezogen bei einem Snowboard-Sturz – und seiner eigenen Blessur – einem Bänderriss nach einem Skiunfall. Völlig unattraktiv so etwas.

Ganz anders erzählte Stephan Lebert von den spannenden Geschichten des echten Lebens. Der Tagesspiegel-Redakteur hatte im Jahr 2002 ein Projekt seiner Mutter, der ehemaligen „Brigitte“-Autorin Ursula Lebert, aufgegriffen: Er besuchte Ehepaare, die Ursula Lebert vor über 20 Jahren porträtiert hatte. Zwar musste der Journalist das Publikum zunächst enttäuschen – „Die Leitlinien für eine glückliche Ehe kann ich Ihnen leider nicht geben“, erklärte er gleich zu Beginn –, doch von den beiden Reportagen über die Kuplins, die auch heute noch zusammen sind, waren die Zuschauer trotzdem begeistert. Ein Paar war ganz besonders interessiert: „Wir haben heute unseren zweiten Hochzeitstag.“ ase

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