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Berlin: Drei Bundestags-Mandate knapp verfehlt

Berlins Parteien hätten 25 statt 22 Parlamentssitze bekommen, wären am Sonntag nur 37 000 mehr Wähler an die Urnen gegangen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin hat Pech gehabt. Wäre die Wahlbeteiligung am Sonntag ein bisschen höher gewesen, hätten 25 Abgeordnete einen Sitz im Bundestag bekommen. Es wurden aber nur 22 Mandate auf die Parteien verteilt – ein historischer Tiefstand. Im Dezember 1990, als die Berliner zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilnehmen durften, zogen noch 28 Abgeordnete aus der Hauptstadt in den Bundestag ein. Seitdem hat sich die Zahl der Sitze von Wahl zu Wahl verringert.

Das ist nicht schön, aber es gibt dafür nachvollziehbare Gründe. Nicht ganz unschuldig an der Misere ist ein Professor für Mathematik, der Horst Niemeyer heißt und ein „Verfahren der größten Reste“ erfunden hat, nach dem die Bundestagsmandate auf jedes Land und jede Partei einigermaßen gerecht verteilt werden. Dabei kommt es am Ende auf die Stellen hinter dem Komma an, und bei dieser Rechnung hat Berlin bei der Bundestagswahl 2005 eben Pech gehabt.

Um es in Zahlen auszudrücken: In Berlin hätten 37 000 Wahlberechtigte mehr zur Wahl gehen müssen. Das entspricht einer um 1,5 Prozent höheren Wahlbeteiligung. Hätten 9600 dieser Wähler CDU, 17 000 SPD und 10 400 Grüne gewählt, wäre allen drei Parteien ein weiteres Mandat zugefallen. Ein geringer Zuwachs an Stimmenanteilen (CDU 0,1 Prozent; SPD 0,2 Prozent und Grüne 0,3 Prozent) wären ausreichend gewesen, um den Christdemokraten Roland Gewalt, die Sozialdemokratin Eva Högl und die Grünen-Politikerin Sibyll Klotz in den Bundestag zu bringen.

Ein zweiter Grund für die bescheidene Ausbeute ist die Tatsache, dass in Berlin traditionell keine Überhangmandate entstehen. Seit 1990 hat es keine Partei geschafft, in den Wahlkreisen mehr Mandate direkt zu erobern als ihr – gemessen am Anteil der Zweitstimmen – eigentlich zustehen. Bei der Bundestagswahl 2002 war es für die Berliner SPD schon ein Riesenerfolg, alle ihr zugemessenen Sitze in den Wahlkreisen zu holen. Die Landesliste kam nicht mehr zum Zuge.

Anders in Brandenburg. Zum dritten Mal nach 1994 und 1998 holten die Sozialdemokraten im Nachbarland am Sonntag drei Überhangmandate. Insgesamt bekamen die Parteien in Brandenburg 21 Bundestagssitze zugesprochen und benötigten dafür knapp 1,6 Millionen Wählerstimmen. In Berlin wurden für 22 Mandate fast 1,9 Millionen Wählerstimmen benötigt. Das ist weniger effektiv. Das deutsche Wahlsystem sorgt also nicht immer dafür, dass jede Wählerstimme auch gleiches Gewicht hat.

Schwankungen gibt es nicht nur im Ländervergleich, sondern auch von Wahl zu Wahl. So wurden in Brandenburg 2002 nur 16 Bundestagsmandate verteilt. 1998 und 1994 waren es 23 und 1990 immerhin 22. Wie kam dieser Absturz zustande? Erstens: 2002 gab es ausnahmsweise keine Überhangmandate für die SPD. Zweitens: Die PDS rutschte damals bundesweit unter die Fünfprozentgrenze, in Brandenburg hatten aber 26,6 Prozent der Wähler die PDS gewählt. Diese 263 228 Zweitstimmen gingen für den Bundestag verloren, was sich auf die Zahl der Mandate spürbar auswirkte.

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