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Berlin: Drei Promille zu viel

Prozess: Kind starb, weil der Vater betrunken war

Der Vater hatte bereits jede Menge Alkohol getrunken, als er am frühen Nachmittag zum Supermarkt gehen wollte. Und er hatte keine Bedenken, seinen sechs Jahre alten Sohn mitzunehmen. „Der Junge wollte immer mit“, sagte Klaus-Dieter L. gestern vor dem Amtsgericht Tiergarten. Dass er sich mitverantwortlich fühlt für den tragischen Unfall, bei dem der kleine Benjamin von einem BVG-Bus überrollt wurde, war im Prozess um fahrlässige Tötung nicht zu erkennen.

Vater und Sohn wollten am 6. Juli vergangenen Jahres die Reinickendorfer Provinzstraße überqueren. An der Ecke Kühnemannstraße liefen sie zwischen parkenden Autos hervor. Auf der Mitte der Fahrbahn blieb der Vater stehen. Ein BVG-Bus der Linie 150 erfasste Vater und Sohn. Beide wurden schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, Benjamin starb noch am selben Tag.

Im Prozess saß auch der Busfahrer. „Aus meiner Sicht habe ich aufgepasst“, beteuerte der 45-Jährige. Plötzlich seien zwei Personen auf der Fahrbahn gewesen. Er sei sofort ausgewichen, habe gebremst. Der durch den Unfall arbeitsunfähige Vater erklärte: „Wo der Bus hergekommen ist, kann ich mir nicht erklären.“ Zeugen sagten, dass der Mann auf der Fahrbahn nicht nach links, sondern nach rechts geschaut habe. Erst nach einem anonymen Hinweis ging die Polizei einer möglichen Alkoholisierung des Vaters nach. Im Krankenhaus wurde der Verdacht bestätigt. Er hatte drei Promille Alkohol im Blut.

Aus Sicht des Gerichts waren zwar beide Angeklagten mitverantwortlich. Der Busfahrer sei in einem „kurzen Augenblick“ unaufmerksam gewesen. Die Hauptschuld für den Tod des Jungen liege aber beim Vater. „Das Kind verlässt sich auf den Vater“, sagte der Vorsitzende Richter. In seinem alkoholisierten Zustand hätte Klaus-Dieter L. „die Aufsichtspflicht für den Sohn gar nicht mehr übernehmen dürfen“. Gegen den Vater ergingen sechs Monate Haft auf Bewährung. Dabei wurde berücksichtigt, dass er selbst erheblich verletzt wurde. Der Busfahrer wurde zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 Euro – insgesamt 2400 Euro – verurteilt.

Kerstin Gehrke

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