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Drohende Insolvenz: Arbeiterwohlfahrt braucht Schuldnerberatung

Die Arbeiterwohlfahrt ist in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und steuert mit einem harten Sanierungskurs gegen die Insolvenz einer Tochtergesellschaft. Beschäftigte müssen auf einen Teil des Gehalts verzichten.

Der Landesgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (Awo) Hans-Wilhelm Pollmann bestätigte dem Tagesspiegel die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Tochtergesellschaft. Der Ausgang der Sanierungsgespräche über die defizitäre gemeinnützige Awo-Seniorenwohnen ist für die gesamte Arbeiterwohlfahrt von Bedeutung, weil bei einem Scheitern der ganze Berliner Verband mit rund 1200 Mitarbeitern betroffen wäre. Die Belegschaft beteiligt sich mit Gehaltseinbußen an der Sanierung. Nun hängt viel von den finanzierenden Banken ab, die dem Vernehmen nach die Awo nicht fallen lassen wollen.

Denn die Schieflage der Awo soll nicht auf Mängel im Management der zahlreichen Jugend-, Alten- und Behinderteneinrichtungen sowie der Kitas mit 4000 Plätzen zurückzuführen sein, sondern auf Altlasten. Zu Mauerzeiten war ein Haus in Lichtenrade zu überhöhten Baupreisen errichtet worden und die damals aufgenommenen Kredite belasten die gemeinnützige Gesellschaft noch heute. Hinzu kommt ein großer Sanierungsbedarf bei einem zweiten Haus, das einen wirtschaftlichen Betrieb nicht zulässt. Diese Einrichtung soll aufgegeben werden, ein möglicher Verkauf des Grundstücks könnte der Gesellschaft dringend nötiges Kapital zuführen.

„Von dieser Maßnahme wären 45 Mitarbeiter betroffen, aber wir werden niemandem kündigen“, sagt der Chef der Awo-Seniorenwohnen Jürgen Brockmeyer. Ähnlich äußert sich der Chef des Landesverbandes, Pollmann. Die in der Awo verbundenen Gesellschaften hätten genug freie Stellen für die Betroffenen. In den vergangenen Wochen wurden wiederholt Betriebsversammlungen einberufen, bei denen die schwierige Lage der Gesellschaft erörtert wurde. „Das Gemeine an der ganzen Geschichte ist, dass wir Probleme aus den 80er Jahren lösen müssen“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Erwin Maier. Das Personal verzichte auf fünf Prozent seines Lohns und auf Weihnachts- sowie Urlaubsgeld.

Auch die Banken ziehen mit: Zinsen und Tilgung für die Kredite, die zum Bau der vor Jahrzehnten viel zu teuer erstellten Immobilien eingesetzt wurden, haben sie gestundet. Und die Sanierungsgespräche verlaufen dem Vernehmen nach konstruktiv. Bis Oktober will die Geschäftsführung eine Umschuldung vereinbart haben. Dadurch könne die Awo schon im Januar wieder auf einem soliden finanziellen Fundament stehen. Dabei spielen die Finanzmärkte der Awo und ihren Banken in die Hände: Die Zinsen sind zurzeit so günstig wie noch nie.

Die gemeinnützige Awo-Seniorenwohnen hat in den vergangenen Jahren Millionenverluste bilanziert: mehr als 1,7 Millionen Euro im Jahr 2007 und über 1,5 Millionen Euro 2008. In der bisher letzten Bilanz der „Awo Seniorenwohnen gGmbh“ für 2008 war für die „zukünftige Entwicklung“ eine „angespannte Ertrags- und Vermögenslage“ festgestellt worden. Und weiter: „Zur Vermeidung der insolvenzrechtlichen Überschuldung sind eigenkapital- und liquiditätsstärkende Maßnahmen des Gesellschafters notwendig“.

Die Arbeiterwohlfahrt unterhält ein landesweites Netz von Hilfseinrichtungen. Weil der Verbund seine Mitarbeiter nach Tarif bezahlt, gilt er als vorbildlich in einer Branche, die teilweise durch Dumpinglöhne für nicht ausgebildete Hilfskräfte ins Gerede kam. Der jüngst eingeführte Mindestlohn von 8,50 Euro für ungelernte Kräfte stoppt diese Entwicklung.

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