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Berlin: Ehe ohne Szenen

Viele träumen davon, es wenigstens ein Mal tun zu dürfen. Andere machen es öfter, bei Filmpremieren oder offiziellen Empfängen.

Viele träumen davon, es wenigstens ein Mal tun zu dürfen. Andere machen es öfter, bei Filmpremieren oder offiziellen Empfängen. Für Christine Bitterwolf, ihren Mann und die beiden Töchter gehört er indes zum Alltag: der Gang über den roten Teppich. Sie müssen ihn absolvieren, um in ihre Wohnung zu gelangen. Der purpurne Bodenbelag zieht sich durchs ganze Treppenhaus des Schöneberger Altbaus. Der rote Teppich ist nicht unbedingt der Grund, warum Christine und Kurt Bitterwolf glücklich sind. Wahrscheinlich gibt es gar keinen Grund. Jedenfalls hat Christine Bitterwolf wegen ihres langen Glücks ein Buch geschrieben. "15 Jahre Ehe ... und immer noch glücklich", heißt ihr im Fouqué-Verlag erschienener Band. Umgeben von zerstrittenen oder bereits geschiedenen Paaren habe sie mit ihrem Buch zeigen wollen, dass Ehe und Glück auch dauerhaft miteinander vereinbar sind.

Im Frühjahr 1978 lernte die Berlinerin ihren Mann, der damals in Niedersachsen seinen Wehrdienst ableistete, bei einem Lehrgang zur politischen Bildung in Köln kennen. Beide geben zu, mehr am Sonderurlaub als an den Kursinhalten interessiert gewesen zu sein. Das Interesse füreinander war sofort da: "Bereits am ersten Abend erzählte er mir, dass er schon immer nach Berlin wollte."

Am vierten Abend schließlich stand nicht nur der Termin für den Wochenendbesuch fest. Beide hatten das Gefühl, gleiche Hobbys zu haben, über alles miteinander reden zu können und auch beim Humor auf einer Wellenlänge zu liegen. Relativ bald sei ihnen klar gewesen, am Anfang einer gemeinsamen Zukunft zu stehen, und "am Ende meiner Bundeswehr-Zeit", erinnert sich der aus dem Badischen stammende Kurt Bitterwolf, "haben wir beschlossen, dass ich nach Berlin ziehe." Als im Rahmen seiner beruflichen Weiterbildung erneut eine mehrmonatige räumliche Trennung bevorstand, nutzten sie den Anlass zur Verlobung: "Vorrangig wegen des Gefühls, uns von nun an als einander versprochen zu betrachten." Christine Bitterwolf erinnert sich lachend, erzählt vom Finden eines Hochzeitstermins wie auch vom oft gehörten Vorwurf, sie würden ihr ganzes Leben verplanen: "Wir wollten erst zusammen ziehen, wenn wir verheiratet sind, wollten aber auch erst heiraten, wenn seine Probezeit im Job vorbei und die Stelle gesichert ist."

Ein Jahr nach der Hochzeit "mit Prunk und Pomp und Kutsche" waren die Bitterwolfs zu dritt; 1985 machte die Geburt der zweiten Tochter das Quartett komplett. "Die Kinder", sagen die begeisterten Tänzer, Segler und Theatergänger, "sind unser größtes Hobby". Obwohl dieses Hobby immer wieder Unerfüllbares von ihnen erwartet. Als die Jüngere einst reklamierte, dass bei Freundinnen durch die Streitereien der Eltern wenigstens mal was los sei, erfuhr sie: "Tut mit Leid, aber das können wir dir nicht bieten!" Noch heute, knapp elf Monate vor der Porzellanhochzeit, ist das Paar überzeugt, prima ohne Krach in der Ehe auszukommen. Und wenn es doch einmal Konflikte gibt, gilt die Devise, sie möglichst am Tag ihrer Entstehung zu bereinigen. "Am wichtigsten ist wohl,", vermutet Kurt Bitterwolf, "dass man bereit ist, andere Meinungen zu akzeptieren und den Partner zu respektieren." Das gelingt beiden offenbar problemlos. Christine Bitterwolf nimmt hin, dass ihr Mann die Küche als sein Reich bezeichnet und es "herrlich entspannend findet zu kochen".

Im Gegenzug respektiert der, dass sie am Herd nur mit dürftigen Standards aufwarten kann, und sich stattdessen lieber um andere Aufgaben im Haushalt und um administrative Dinge kümmert, die er nicht mag. Entscheidend sei, die Zuständigkeiten gemäß der Neigungen zu verteilen und dem Spaß an einer Sache zu unterstützen. Nur so konnte aus dem Traum, Szenen ihrer Ehe als Buch zu veröffentlichen, auch Realität werden.

Doch damit haben sich längst nicht alle gemeinsamen Sehnsüchte der Bitterwolfs erfüllt. Irgendwann wollen sie in der Karibik die Erinnerungen an ihre Flitterwochen auffrischen. Und dann ist da noch der Wunsch, zusammen in Süddeutschland den Ruhestand genießen zu können. Mit Hund und Papagei in einem Schwarzwaldhaus mit Garten. "Wir wissen schon genau, wie wir das machen werden." Der rote Teppich bleibt jedenfalls hier.

Maren Sauer

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