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Berlin: Ehemaliger BSR-Vorstand bestreitet Betrugsvorwurf

170.000 Kunden zahlten zu viel für die Straßenreinigung: Fünf Jahre nach dem Gebührenskandal begann gestern der Prozess

Der „Abrechnungsfehler“ war millionenschwer und sorgte für Aufregung über die Berliner Stadtreinigung (BSR). Als die Panne bekannt wurde, erstattete das landeseigene Unternehmen die zu viel gezahlten Gebühren zurück. Doch wer trägt die Verantwortung dafür, dass in den Jahren 2001 und 2002 etwa 170 000 Kunden insgesamt mehr als 26 Millionen Euro zu viel zahlten? Seit gestern wird der Fall vor dem Landgericht verhandelt.

Hauptangeklagter ist ein ehemaliger BSR-Vorstand. Arnold Guski war damals für die Bereiche Finanzen und Reinigung verantwortlich. Guski habe gewusst, dass die fragliche Kalkulation rechtswidrig überhöht war, heißt es in der Anklage. Vorgaben von ihm hätten dazu geführt, dass Reinigungsgebühren für Straßen ohne Anlieger, die normalerweise das Land zahlen muss, auch Hauseigentümern in Rechnung gestellt wurden. Die Anklage wirft ihm schweren Betrug vor. Fünf weitere Angeklagte müssen sich wegen Beihilfe zum Betrug verantworten.

Der 63-jährige Guski hatte die Vorwürfe von Anfang an bestritten. Er, der wegen des Skandals Ende 2002 entlassen worden war, wehrte sich auch vor Gericht. „Ich weise die Vorwürfe mit Nachdruck zurück“, erklärte er. Niemals habe er eine Berechnung fehlerhafter Tarife veranlasst. „Ich war bis 2002 überzeugt, dass die Tarife richtig berechnet worden sind.“ Zudem sei nicht er, sondern eine Projektgruppe mit der Berechnung betraut gewesen.

Es fiel dem Ex-Vorstand streckenweise schwer, die Stimme zu halten. Das, was ihm die Staatsanwaltschaft zur Last lege, sei einfach nicht nachvollziehbar. Überhöhte Tarife einzutreiben, hätte auch „keinen Sinn gehabt“. Die BSR arbeite schließlich kostendeckend. „Mit den Tarifen darf die BSR weder Gewinn noch Verlust machen.“ Es werde zunächst geschätzt, welche Kosten für die nächsten zwei Jahre anfallen könnten. Später finde dann eine Nachberechnung statt.

Sieben Jahre hat Guski bei der BSR gearbeitet. Als er zum Unternehmen kam, wurde er mit dem Finanzressort betraut. Dann kam ein zweiter Bereich hinzu. Er gehe auch davon aus, dass die Mitangeklagten „niemals mit Betrugsabsichten handelten“. Es habe „versehentlich einen Methodenfehler“ gegeben, von dem er erst 2002 erfahren habe.

Der Prozess wird das Gericht voraussichtlich über Monate beschäftigen. Rechtlich gehen die Meinungen weit auseinander. Für die Verteidiger sind weder eine „Täuschung“ noch ein Schaden und damit auch kein Betrug erkennbar.

Kerstin Gehrke

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