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Walter Scheel ist tot.

© dpa

Ehemaliger Bundespräsident Walter Scheel gestorben: Der Ehrenberliner

Walter Scheel spielte in der Stadt viele Rollen. Der Alt-Bundespräsident war auch ein gern gesehener Partygast.

Eine 300-Quadratmeter-Wohnung in Schöneberg – nicht schlecht. Kommt gegen das Schloss Bellevue nicht an, aber war doch als Ruhesitz eines Ex-Bundespräsidenten überaus angemessen. In diesem Fall als ehemaliger Berliner Wohnsitz des am Mittwoch gestorbenen Walter Scheel, der lange Jahre, nachdem er in West-Berlin zum Ehrenbürger ernannt worden war, doch noch ein richtiger Berliner wurde.

Und zwar einer, der das neu erwachende politische und gesellschaftliche Leben in der Stadt genoss, gemeinsam mit seiner dritten Frau Barbara. Als kurz nach der Jahrtausendwende Parlament und Regierung von Bonn nach Berlin wechselten, mochten auch die Scheels nicht mehr am Rhein bleiben und stürzten sich mit Lust in die nicht endende Abfolge von Partys und Empfängen, die die neue Hauptstadt zu bieten hatte. Und wenngleich Walter Scheel schon als Bundespräsident für Überraschungen gut war – wer seiner Vorgänger hätte sich als Interpret eines Volksliedes versucht? –, hier ließ er seiner Fröhlichkeit freien Lauf, tauchte etwa zum Venezianischen Ball im Adagio samt Gattin bunt maskiert auf, gab bei einer „Stallwächterparty“ in der Landesvertretung von Baden-Württemberg seinen Evergreen „Hoch auf dem gelben Wagen“ zum Besten, fehlte auch nicht beim Berliner Presseball 2004 im Ritz-Carlton, wo sich zwar nicht das Parkett, aber doch die Marmortreppe für seine Barbara als zu glatt erwies. Ein böser Sturz mit Blessuren war die Folge, doch am nächsten Abend war das Ehepaar schon wieder auf der Piste, Barbara Scheel gegipst und gepflastert.

Die Stadt sei zu rummelig geworden

Bis Ende 2008 blieb das Paar in Berlin, dann zog es in den Breisgau. Die Stadt sei zu rummelig geworden, erklärte Barbara Scheel. Aber die Ehrenbürgerschaft blieb dem ehemaligen Bundespräsidenten, die ihm am 27. November 1978 verliehen worden war, gegen Ende seiner von 1974 bis 1979 währenden Amtszeit also.

Gut für Berlin. Scheels Ehrenbürgerschaft meldete das Blatt 1978 auf der ersten Seite.
Gut für Berlin. Scheels Ehrenbürgerschaft meldete das Blatt 1978 auf der ersten Seite.

© Tsp

Das sei so Tradition bei Bundespräsidenten, hatte Peter Lorenz, damals Präsident des Abgeordnetenhauses, die von SPD, CDU und FDP befürwortete Ehrung erläutert. Gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Dietrich Stobbe hatte er die Urkunde unterzeichnet und überreicht.

In ihr wurde Scheel als „vorbildlicher Demokrat“ gewürdigt, „der als Bundesminister und als Bundespräsident entschlossen und überzeugend für die Freiheit Berlins eingetreten“ sei. Mit der Ernennung bringe man „zugleich die enge und unlösbare Verbundenheit unserer Stadt mit der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck“. Auch Michael Müller, aktueller Regierender Bürgermeister, würdigte Scheel gestern als „einen der maßgeblichen Architekten der Ost- und Entspannungspolitik“, der sich „vehement für die Aussöhnung mit den Staaten und Völkern Osteuropas“ eingesetzt und „dem geteilten Berlin mit diesem Engagement sehr geholfen“ habe. Der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Ralf Wieland betonte, Scheel habe "mit seiner Risikofreudigkeit, seinem Verhandlungsgeschick und seiner Hartnäckigkeit" den Grundstein zur Deutschen Einheit gelegt. Die Landesvorsitzende der Berliner Freien Demokraten Sibylle Meister schrieb am Abend, der verstorbene Alt-Bundespräsident sei ein "politischer Stratege wie volksnaher Politiker" gewesen.

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